Rektorwahl 2023

Wie ich schon früher berichtet habe (siehe hier), endet die Amtszeit des jetzigen Rektors der Universität Heidelberg, Bernhard Eitel, vorzeitig und zum 1.10.2023 kommt -nach 16 Jahren- ein frischer Wind über unsere Universität. Ich atme tief durch.

Am 9.3.2023 wurde in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Universitätsrat die Biologin (und gebürtige Heidelbergerin) Frauke Melchior für 6 Jahre (10/2023 bis 09/2029) gewählt (zur 749. Rektorin). Gratulation zu diesem Erfolg! Das ist ein Gewinn für unsere Universität!

Auf ihrer jetzigen, noch gültigen Homepage https://www.fz-juelich.de/de/ueber-uns/organisation/leitung/melchior beschreibt sie sich wie folgt:

„Frauke Melchior (geb. 1962) ist seit dem 1. April 2021 Mitglied des Vorstandes (im Forschungszentrum Jülich, J.F.). Dazu wurde sie von ihrer Professur für Molekularbiologie am Zentrum für Molekulare Biologie (ZMBH) der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg beurlaubt.

Frauke Melchior studierte Chemie an der Philipps-Universität Marburg und der University of Bristol und promovierte in Marburg zu einem Pflanzen-biochemischen Thema. Nach einem ersten Post-Doc am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen arbeitete sie ab 1992 als Post-Doc am Scripps Research Institute in La Jolla, USA, wo sie Proteinsortierung in menschlichen Zellen untersuchte und dabei das SUMO-Protein entdeckte, das seitdem in den Fokus ihrer wissenschaftlichen Arbeiten rückte. Am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München startete sie 1998 ihre erste eigene Arbeitsgruppe. Sechs Jahre später übernahm sie einen Lehrstuhl für Biochemie im Bereich Humanmedizin der Georg-August Universität Göttingen. 2008 wechselte sie auf ihre Professur an der Universität Heidelberg.

Geprägt wurde Frauke Melchiors wissenschaftliche Laufbahn durch das sogenannte SUMO-Protein, das sie als Post-Doc am Scripps Research Institute in Kalifornien (USA) entdeckte und 1997 erstmals beschrieb. SUMO steht für „small ubiquitin‐related modifier“ – also ein „kleiner Wandler“, der in seiner Funktionsweise verwandt mit dem Protein Ubiquitin ist. Die Heidelbergerin erforschte über zwanzig Jahre lang Mechanismen und Konsequenzen der Verknüpfung von intrazellulären Proteinen mit SUMO.

Neben ihrer langjährigen und erfolgreichen Forschungsarbeit in Deutschland und den USA war Melchior auch Sprecherin eines Göttinger Sonderforschungsbereichs zum Protein- und Membrantransport zwischen zellulären Räumen (SFB 523) und stellvertretende Sprecherin des Heidelberger Exzellenzclusters CellNetworks. Die Forscherin war zudem Mitglied des DFG-Senatsausschusses für Graduiertenkollegs, Mitglied des DFG-Senats sowie Prodekanin und Dekanin der Fakultät für Biowissenschaften an der Universität Heidelberg.

Zu ihren wichtigsten Auszeichnungen gehört der Young Investigator Award „BioFuture“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (1999), die Wahl zum Mitglied der renommierten europäischen molekularbiologischen Organisation EMBO (2008) und die Wahl zum Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina (2014). 2018 erhielt sie zudem den FEBS / EMBO Woman in Science Award.“

Melchior steht als Naturwissenschaftlerin natürlich der rechten Neckarseite (wo Naturwissenschaften und Medizin residieren) näher als der linken (wo die Geistes- und Sozialwissenschaften untergebracht sind). Allerdings hat sie Kontakt mit unterschiedlichen Wissenschaftskulturen und offene Ohren. Dies gilt es nun zu nutzen.

Da ich zum Zeitpunkt der Wahl zu einer Vortragsreise an der Universität Szeged unterwegs war, konnte ich leider die Vorstellungsreden von ihr (und dem erst im zweiten Wahlgang unterlegenen Kandidaten Michael Boutros – hier dessen Lebenslauf) nicht hören – gut, dass die RNZ im Publikum vertreten war. Ich zitiere aus deren Bericht:

„In ihrer Bewerbungsrede stellte Melchior ihre Visionen für ihre Amtszeit unter dem Motto: „Heidelberg University – the place to be“ vor. Sie betonte die „herausragenden Lehr- und Forschungsbedingungen“ in Heidelberg. „Für den akademischen Nachwuchs soll die Uni ein herausragender Arbeitgeber sein“, sagte Melchior, „und ein Sprungbrett für Karrieren“, sowohl in der Forschung, als auch in der Wirtschaft. Dafür will sie Gleichberechtigung, Familienfreundlichkeit und Diversität in der Institution fördern.

„Gute Lehre heißt für mich, von den Besten lernen zu können“, sagte Melchior. Man müsse die Weichen für Studierende richtig stellen, um sie bestmöglich zu begleiten. Um als Uni ein attraktiver Arbeitgeber bleiben zu können, ist für Melchior eine Aufgabe essenziell: die Rekrutierung der besten Köpfe. Dafür setzt sie auf ein attraktives und kollegiales Umfeld sowie Fortschritte in der Digitalisierung.

Als Rektorin möchte sich Melchior auch auf den Erhalt des Exzellenzstatus konzentrieren. Dafür sei es wichtig, „Brücken zwischen den Disziplinen zu bilden“ und „Vernetzung mit außeruniversitären Partnern voranzutreiben“.

Auch sprach Melchior eine potenziell verschlechterte finanzielle Situation der Uni an. Einstellungsstopps wie an anderen Hochschulen will sie vermeiden. „Ich bin bereit, mit dem Land über den Haushalt zu streiten“, kündigte sie an.“

Auf jeden Fall ist die Personalie in einer nach wie vor männlich geprägten akademischen Welt ein Signal, das ich für wichtig halte – nicht nur die Kenntnis verschiedener Wissenschaftskulturen entscheidet heute über den Erfolg einer Universität, sondern auch die Führungskultur. Da wird sich vermutlich einiges ändern… Wie hieß es oben über SUMO? Ein „kleiner Wandler“? Vielleicht haben wir jetzt eine „Wandlerin“?

Vor vier Jahren (am 12.3.19) erfolgte die Wiederwahl des noch amtierenden Rektors (siehe meinen Bericht hier), der trotz einiger Gegenstimmen eindrucksvoll bestätigt wurde. Ich habe als Senatssprecher (der ich seit 2010 für 2x vier Jahre -plus Verlängerung- gewählt wurde) damals Zweifel angemeldet, ob Rekordhaltung in Bezug auf Amtszeiten erstrebenswert sei – ich meine nein! In demokratischen Verfassungen ist die übertragene Macht immer „Macht auf Zeit“ (und nicht „Macht auf Lebenszeit“). Eine sechsjährige Amtszeit ist schon mehr als bei sonstigen Ämtern üblich (ich weiss: der Oberbürgermeister in HD darf gleich acht Jahre im Amt bleiben!).

Natürlich gehen mit der scheidenden Person Wissen und Erfahrung verloren, dafür kommen mit der neuen Person auch neue Ideen (und weitere neue Personen). Manches Festgefahrene darf sich auf einen Neuanfang freuen. Und die „Neue“ hat einen Vertrauensvorschuss verdient (und natürlich eine 100tägige Schonzeit, die am 1.10.23 beginnt).

Ich wiederhole hier meinen Schluss-Satz von vor vier Jahren, leicht modifiziert: Ich wünsche unserer Universität mit der jetzt getroffenen Entscheidung jedenfalls alles erdenklich Gute! Meine Anteilnahme am Schicksal der altehrwürdigen Ruperto Carola ist ungebrochen und ich wünsche uns allen nur das Beste!

Siehe auch die offizielle Pressemitteilung der Uni mit schönem Foto des Scheidenden und der Neuen.

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