Das ist der Titel eines neuen Buches von Maja Göpel, das ich gerade gelesen habe und hier weiterempfehlen möchte. Ab und zu brauche ich eine kleine Ermunterung zum Weitermachen in Sachen Klimaschutz, um die Frustrationen besser ertragen zu können, die uns alltäglich in diesem Themenkomplex widerfahren: Kohleausstieg kommt erst 2038, kein generelles Tempo 130 auf Autobahnen, steigende SUV-Verkaufszahlen, ansteigende Temperatur auf diesem Planeten, kaum sinkende Kohlendioxid-Emissionen (obwohl das uns zur Verfügung stehende Budget bei Anstreben der 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze in acht Jahren verbraucht ist).
Wer ist Maja Göpel? Geboren 1976, ist sie nach ihrem Studium in Siegen, Hamburg und Kassel (unter anderem) von 2013-2017 Leiterin des Berliner Büros des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie gewesen; seither arbeitet sie als Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). In ihrer Autorinnenangabe am Ende des Buchs bezeichnet sie sich als „Politökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“. Auf einer Bundespressekonferenz im März 2019 in Berlin stelle sie die Initiative „Scientists for Future“ vor, eine Gruppe von >26.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die „Fridays for Future“ unterstützen.
Worum geht es? Um nichts weniger als die Art und Weise, wie wir unser Leben (und vor allem unser Wirtschaften und Konsumieren!) ändern sollten, wenn wir auch nur halbwegs angemessen und verantwortungsvoll mit dem Planeten umgehen wollen, von dem wir (oft ohne zu zahlen) massiv profitieren. Als Sozialwissenschaftlerin macht Göpel an vielen Stellen Gebrauch von Erkenntnissen der Psychologie/Ökonomie, die von ihr immer wieder herangezogen werden (z.B. über „Rebound„-Effekte). Am interessantesten waren für mich ihre Ausführungen über ihr „Heimatfach“, die Ökonomie. Sie kritisiert deren Wachstumsideologie („Fließbandwirtschaft“; ist in den Lehrplänen der Universitäten dominant) und setzt nachhaltigere Formen des Wirtschaftens („Kreislaufwirtschaft„) dagegen.
Sie räumt mit ein paar Vorurteilen auf: Das Easterlin-Paradox, wonach mehr Wohlstand nicht automatisch zu mehr Glück führt; das Jevons-Paradox, wonach technologische Einsparungen zu einem Mehrverbrauch führen; das Versorgungsparadox, wonach die Versorgungssicherheit auf einem begrenzten Planeten mit einer zunehmenden Anzahl Menschen nicht eine immer größere Menge an Konsum bedeuten kann
Der Untertitel von Maja Göpels Buch lautet „Eine Einladung“ und genau das ist es auch. Eines der 11 Kapitel lautet „Denken und Handeln“ – eine Einladung für mich als Denkpsychologen, mehr über das Handeln und seine Verbindung zum Denken nachzudenken. Wie kommt man aus der (besseren) Welt der Vorstellung in die reale Welt? Dafür gibt Göpel drei Empfehlungen: (1) Freundlich aber hartnäckig bleiben, (2) Mitstreiter suchen, (3) sich nicht vom „fiesen Montag“ runterziehen zu lassen. „Fieser Montag“ bedeutet: Wenn die Träume des Wochenendes auf die harte Realität des montäglich wiederkehrenden Hamsterrads treffen, in dem alles so weitergeht wie zuvor.
Das Buch ist ein Ankämpfen gegen das „Weiter so wie bisher“, weist auf viele Ungereimtheiten und fälschlich behauptete Machtansprüche hin. Für mich steht es in der Tradition eines anderen Lieblingsbuchs von mir, das Harald Welzer im Jahr 2013 unter dem Titel „Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand“ verfasst hat (hier ein Gespräch mit HW über sein Buch). Für beide gilt: Sehr empfehlenswert!
Göpel, Maja (2020). Unsere Welt neu denken. Eine Einladung. Ullstein.