Öko-Psychologie: Warum so unsichtbar?

Über den zu befürchtenden Niedergang der theoretischen Psychologie habe ich an anderer Stelle schon gesprochen – heute geht es mir um das Schattendasein der Umwelt-Psychologie.

Als ich Student war in den 1970er Jahren, gab es ein Aufblühen der Umwelt-Psychologie, die mich damals begeisterte (kein Zufall, dass damals auch die „grüne“ Bewegung, ausgehend von der Anti-Atomkraftbewegung um das AKW Whyl am Kaiserstuhl, florierte). Ein erfolgreiches Schwerpunktprogramm (SPP) der DFG namens „Psychologische Ökologie“ zum Thema Umwelt-Psychologie brachte tolle Veröffentlichungen hervor (ich liste nur 5 Beispiele auf, die in meinem Regal zu finden waren):

Fischer, M. (1995). Stadtplanung aus der Sicht der Ökologischen Psychologie. Psychologie Verlags Union.

Graumann, C.-F. (Ed.). (1978). Ökologische Perspektiven in der Psychologie. Huber.

Kaminski, G. (1976). Umweltpsychologie. Perspektiven—Probleme—Praxis. Klett.

Kruse, L., Graumann, C.-F., & Lantermann, E.-D. (Eds.). (1990). Ökologische Psychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. Psychologie Verlags Union.

Lantermann, E.-D., & Linneweber, V. (Eds.). (2008). Grundlagen, Paradigmen und Methoden der Umweltpsychologie. Hogrefe.

Mit dem Ende des SPP versank allerdings auch die Umwelt-Psychologie wieder in die Bedeutungslosigkeit. Zu erkennen ist dies daran, dass es bis heute (außer in Kassel bei Andreas Ernst und in Magdeburg bei Ellen Matthies) an den insgesamt über 60 Standorten, an denen Psychologie gelehrt wird, keine Lehrstühle für Umwelt-Psychologie gibt. Fehlende Institutionalisierung! (Im Ausland sieht das übrigens besser aus!).

Das verwundert doch ein wenig angesichts der Bedeutung, die der Klimawandel für unsere Gesellschaft spielt und angesichts der Bedeutung der Psychologie in diesem Bereich! Auch in unseren psychologischen Curricula (Studienordnungen) hat sich die Umwelt-Psychologie keinen festen Platz erobert. Bei uns in Heidelberg zum Beispiel findet Umwelt-Psychologie als freiwilliger Zusatzkurs unserer Honorarprofessorin Lenelis Kruse statt, die sich bereits im Ruhestand befindet. Das ist ein Tropfen auf einem heissen Stein und natürlich nicht ausreichend.

Die mangelnde Institutionalisierung der Umwelt-Psychologie ist wohl das eine Problem, die zunehmende Fixierung auf die klinische Psychologie erscheint mir als das andere Problem. Was ich mir kaum vorstellen kann: Ein mangelndes Interesse der Studierenden am Thema. Was sein könnte: Es gibt keine klar definierten Berufsbilder im Segment der Umweltpsychologie.

Natürlich gibt es eine Fachgruppe Umwelt-Psychologie bei der „Deutschen Gesellschaft für Psychologie“ (DGPs) – reicht das? Ich glaube nicht.

Wie so oft, braucht es auch hier mehr als nur bedauernde Worte! Was benötigt wird: Es braucht Mittel für die Institutionalisierung des Faches in Form von gut ausgestatteten Lehrstühlen, es braucht gute Curricula, es braucht Mittel für Forschung und am Ende gut ausgebildete Personen, die ihr Fach auch in der Öffentlichkeit präsentieren! Schade, dass vieles davon fehlt!

siehe auch den Blogbeitrag von 2020: Heidelberg als Schwerpunkt der Umweltpsychologie – Lenelis Kruse erinnert sich

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