Nachdem ich wiederholt über die Schwächen der Künstlichen Intelligenz gelästert habe (z.B. hier und hier), steht jetzt ein Erfolg (polizeilicher?) Ermittlungen auf der Haben-Seite: Die Festnahme der RAF-Terroristin Daniela Klette scheint u.a. vom erfolgreichen Einsatz einer Gesichtserkennungs-Software bedingt zu sein. Was bedeutet das für diejenigen, die -wie ich- ihre Fotos ins Netz stellen? Ich erhielt dazu einen „Hinweis aus der Bevölkerung“: (Beginn eines längeren Zitats)
Nach Lektüre dieser vor Eigenlob triefenden Pressemitteilung
„Wir ermitteln unermüdlich weiter! Wir arbeiten hochprofessionell! Auch für die Opfer von terroristischen Verbrechen ist es wichtig zu wissen, dass die Sicherheitsbehörden die Ermittlungen nicht ruhen lassen. Ich denke es ist nicht übertrieben zu sagen, dass diese Festnahme insbesondere mit Blick auf die RAF-Vergangenheit von Daniela Klette einen Meilenstein in der deutschen Kriminalgeschichte darstellt. Ich versichere Ihnen darüber hinaus, dass auch zukünftig alle Mittel der Kriminalitätsbekämpfung genutzt werden, um auch der beiden weiteren noch gesuchten RAF-Mitglieder Staub und Garweg habhaft zu werden. Es handelt sich für die Polizei Niedersachsen unbestritten um einen der größten Fahndungserfolge der vergangenen Jahrzehnte! Ich bedanke mich herzlich beim Landeskriminalamt Niedersachsen und der Staatsanwaltschaft Verden für die hochkompetente und unermüdliche Arbeit. Diese Festnahme ist ein Meisterstück!“
https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/statement-innenministerin-behrens-zur-festnahme-eines-mutmasslichen-raf-mitglieds-229955.htmlhttps://www.rbb-online.de/legion/
hat mich interessiert, wie genau da eigentlich vom LKA so „hochprofessionell“, unter „Nutzung aller Mittel“ und „hochkompetent“ gefahndet wurde. Es sieht so aus, als hätten sie einfach im Dezember 2023 einen (sicher streng geheimen) 😉 ARD-Podcast gehört oder aus dem Umfeld der Recherchen zu diesem Podcast einen Tip bekommen:
https://www.ardaudiothek.de/sendung/legion/12015417/
Und die wiederum haben einfach PimEyes verwendet:
Das Geschäftsmodell von PimEyes ist aber schon sehr fragwürdig: „A widely available tool that charges between $30 and $300 per month for two very different services: allowing users to search its database on the one hand, and letting them hide themselves from search results on the other.“
https://www.pcmag.com/news/this-facial-recognition-site-is-creeping-everyone-out
https://edition.cnn.com/2021/05/04/tech/pimeyes-facial-recognition/index.html
Die skrupellose Methode dahinter dürfte noch vielen (Schuldigen und Unschuldigen) Ärger machen. Nachdem sich die Strafverfolgungsbehörden (nach meiner Einschätzung und entgegen ihrer Selbstdarstellung) derart haben blamieren lassen, werden sie sicher in Zukunft nicht mehr auf Tools wie PimEyes verzichten wollen. Das BKA und der BND haben Pegasus nach anfänglichen Bedenken ja inzwischen längst lizensiert und in Betrieb genommen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pegasus_(Spyware)#Deutschland
Wer bislang sorglos beim Posten vom Bildern im Netz war, dürfte das wegen PimEyes womöglich bereuen. Ich kenne gleich zwei Fälle von Frauen, die teilweise vergeblich versucht haben, auf der Flucht vor einem Stalker ihre Spuren im Internet zu verwischen. (Ende des längeren Zitats)
Also: Augen auf, wer Fotos von sich ins Netz stellt! Und auch das Erscheinen als „Beifang“ auf einem Foto kann problematisch werden, wenn man gesucht wird…
Hier noch zwei Links zum RAF-Fang:
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-02/michael-colborne-daniela-klette-raf-kreuzberg
Nachtrag 3.3.24: In der SZ vom Wochenende (2./3.3.24) lese ich über eine Überwachungs-/Spionagemethode, an die ich bislang gar nicht gedacht hatte. Moderne Autos sind -ab einer bestimmten Größe- mit Kameras ausgestattet, die natürlich auch im parkenden Zustand eingeschaltet werden können (siehe auch hier). Bei Tesla etwa heisst das „Wächtermodus„, der über diverse Kameras eine 360-Grad-Überwachung des Fahrzeugs bis zu einer Entfernung von 200 Metern ermöglicht. Das soll dazu dienen, Personen zu identifizieren, die sich unberechtigt am Fahrzeug zu schaffen machen. Natürlich könnte man den Tesla (das System gibt es auch bei deutschen Produkten) auch vor einem interessanten Gebäude parken und sehen, wer da am Fahrzeug vorbeiläuft…
Aber Vorsicht: Die Aufzeichnung, wie bei Teslas Wächter-Modus, erfolgt anlasslos und dauerhaft, was nicht der Datenschutzverordnung (DSGVO) entspricht. Der Automobilclub ACE empfiehlt deswegen allen Autobesitzenden keinen Gebrauch von dieser oder ähnlichen Funktionen zu machen, um kein Bußgeld wegen eines DSGVO-Verstoßes zu riskieren. Über die Fahrzeugeinstellungen lässt sich der Modus bei Tesla deaktivieren.
Also aufgepasst: Die Foto-Polizei besitzt ein grosses Repertoire an Möglichkeiten! Und wie leicht kann man sich strafbar machen…
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