Mit einem kleinen Festakt wurde am Aschermittwoch die Enthüllung der neuen Wundt-Büste im Innenhof des Psychologischen Instituts gefeiert. Ich habe zum Hintergrund schon in einem früheren Blog-Beitrag etwas geschrieben (siehe hier). Jetzt wurde ein lang gehegter Plan Wirklichkeit.
Gut 70 Gäste kamen (darunter zu meiner großen Freude auch Alt-Rektor Gisbert zu Putlitz sowie Klaus Fiedler, Träger der Wundt-Medaille 2022), um dem „jungen“ Wundt ihre Referenz zu erweisen, darunter zwei Wundt-Urenkel aus Marburg bzw. Tübingen, der Präsident der Wundt-Gesellschaft (Rolf Ulrich) und der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (Stefan Schulz-Hardt), die ebenso wie die Geschäftsführende Direktorin unseres Instituts (Sabina Pauen) ein Grusswort sprachen (zum Inhalt siehe unten). Zahlreiche prominente Gäste hatten sich im Hörsaal 2 (in der Alten Anatomie) versammelt. Die Stifterin und Ideengeberin Susanne Guski-Leinwand (Vortragstitel: Faszination für einen Hochbegabten aus dem 19. Jahrhundert: Zu Idee und Spende einer Büste für Wilhelm Wundt) war ebenso präsent wie der Bildhauer Martin Hintenlang, dem wir die -wie ich finde- sehr gelungene und ausdrucksstarke Darstellung verdanken:
Mir gefällt der leicht fröhliche Gesichtsausdruck in Verbindung mit ein paar sorgenvollen Stirnfalten. Bart und Frisur scheinen mir zeitgemäß. Der Kopf scheint über der schlanken Stele zu schweben. Auch die Patina ist sehr gelungen!
Auf der Sandsteinstele (passend zur Bausubstanz von Friedrichsbau und Alter Anatomie) ist eine kleine Inschrift angebracht:
Den Festvortrag hielt der Psychologiehistoriker (und Alumnus) Horst Gundlach (Uni Würzburg) mit dem Titel „Wann und wodurch lernte Wilhelm Wundt die Psychologie als Wissenschaft kennen?“. Er machte deutlich, dass der Schüler Wundt vom damaligen Psychologie-Unterricht beeinflusst war. Damals gab es etwa 120 Schulstunden Psychologie-Unterricht pro Jahr; gelesen wurde ein kleines Büchlein von Josef Beck (1841), Grundriss der empirischen Psychologie und Logik (Stuttgart: Metzler).
Rolf Ulrich (Uni Tübingen, Präsident der Wundt-Gesellschaft, die übrigens 1979 in Heidelberg von Carl-Friedrich Graumann begründet wurde, siehe hier) berichtete über das erste Jahr, das Wundt als junger Student in Tübingen verbrachte und von dort die Technik konstanter Stimuli mitbrachte, und über die damals beschwerlichen Reisen zwischen Tübingen und Heidelberg.
Stefan Schulz-Hardt (Uni Göttingen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie) zeigte nochmals, dass die anfängliche Anstellung von Wundt bei Hermann Helmholtz erstaunlich war; trotz schlechter Arbeitszeugnisse von Emil du Bois-Reymond (W.W. hatte einen wertvollen Bohrer im Berliner Labor von EdB-R abgebrochen) erfolgte nämlich eine Beschäftigung. Ein Glücksfall für die Psychologie?
Hinzuweisen bleibt auf die „Centenarbetrachtung“ von Jochen Fahrenberg anlässlich der 100. Wiederkehr des Todestages von WW im Jahr 2020, die hier als PDF zur Verfügung gestellt wird.
Die von unserer Uni-Bibliothek anlässlich des Festakts bereitgestellten Digitalisate findet man hier (danke, lieber Herr Nissen): http://ub.blog.uni-heidelberg.de/2023/02/23/wilhelm-wundt/
Was ich erwarte (mein Vortrag liegt schriftlich vor, daraus zitiere ich mal): Zukünftig sagt man nicht mehr „wir treffen uns am Bunsen“, sondern „wir treffen uns am Wundt“. Apropos: ersten Gerüchten zufolge soll es Klausurglück bedeuten, wenn man die Nase von WW berührt. Was wird erst passieren, wenn man ihn küsst?
Zusammenfassend: Es war ein toller Festakt! Viele Alumni, die sich über alte Zeiten unterhielten, viele Kontakte und viel Freude über den neuen „Mitbewohner“! Ich habe mich riesig gefreut über die vielen Gäste, die gekommen waren!
PS: Vor vielen Jahren haben Edgar Erdfelder (der bei unserer Feier anwesend war) und ich erfahren, dass wir über einige Zwischenschritte (Genealogie der Promotionsgutachtenden und der hauptsächlichen akademischen Lehrer) mit Wundt verbunden sind (siehe auch den „Stammbaum“ hier):
So wie Mathematiker sich über die Erdös-Zahl in Ihrer Nähe zu einem berühmten Mathematiker definieren, könnte eine Wundt-Zahl den Abstand zu ihm ausdrücken (in der Einheit Doktorväter/-mütter; mein Wundt-Abstand ist 4). Wir lieben ja Kennzahlen…
PPS: Natürlich sass ich schon einmal am Schreibtisch von W.W. in Leipzig (2016, anläßlich des dortigen DGPs-Kongresses):
PPPS: ..und über diesen Tweet habe ich mich besonders gefreut:
Und noch etwas:
Nachtrag 7.3.2023: Seit heute gibt es auch eine offizielle Pressemitteilung der Universität (Danke, Oliver Fink!): https://www.uni-heidelberg.de/de/newsroom/bueste-von-wilhelm-wundt-eingeweiht
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