Berens & Funke (2020): A vignette study of option refusal and decision deferral

Eine neue Publikation ist zu vermelden: Meine frühere Master-Studentin (jetzt: Doktorandin) Sabrina Berens hat mit mir ein Manuskript verfasst, das die Ergebnisse ihrer Masterarbeit (damaliger Titel: „Die Option (noch) nicht zu entscheiden: Einflussfaktoren der Situation und Person auf die prädezisionale Phase im Handlungsprozess“) zusammenfassend berichtet. Es geht dabei um das Aufschieben von Entscheidungen, genauer: unter welchen Bedingungen Entscheidungen aufgeschoben oder Entscheidungsalternativen abgelehnt werden. In der Vergangenheit ist dieses Verhalten unter dem Stichwort Prokrastination häufig als maladaptive (also nachteilige) Vorgehensweise beschrieben worden. Die vorliegende Arbeit versucht die (potentiell positive) Adaptivität des Aufschiebens und Noch-nicht-Entscheidens näher zu beleuchten.

Methodisch wird hierzu der Weg einer experimentellen Vignettenstudie gewählt, in der mehrere Variablen innerhalb der Versuchspersonen manipuliert werden (Attraktivität, Intransparenz, Zeitdruck). Die Vignetten (=textlich beschriebene hypothetische Situationen) schildern passend zur angestrebten studentischen Stichprobe alltägliche studentische Entscheidungssituationen (Seminarwahl an der Universität; Abendplanung am Wochenende; Auswahl eines Praktikumsplatzes; Suche nach einer Wohnung am Studienort) und behandeln damit nicht die in diesem Forschungsfeld typischen Kaufentscheidungen, sondern versuchen trotz ihres hypothetischen Charakters lebensnähere Situationen anzusprechen.

Das vierfaktorielle Design wird mit drei Meßgrößen verknüpft: der Schwierigkeit der Entscheidung, der Art der Entscheidung sowie der Zufriedenheit mit der Entscheidung. Im Rahmen einer Online Studie konnten 312 studentische Teilnehmende gewonnen werden, von denen jeweils 78 eine der vier Vignetten in den entsprechenden experimentell variierten Bedingungen zu beurteilen hatten.

Als Ergebnis zeigt sich, dass Aufschieben vor allem durch Faktoren der Situation, die erlebte Schwierigkeit und die Unentschlossenheit einer Person bedingt ist, während die Ablehnung bisheriger Alternativen ausschließlich durch Faktoren der Situation bestimmt ist. Für das Aufschieben ist der wichtigste situative Faktor der Zeitdruck). Bei der Ablehnung ist es die Attraktivität der Alternativen, die den stärksten Effekt hat. Dies spricht für eine gewisse Rationalität hinter der Tendenz aufzuschieben.

Quelle: Berens, S., & Funke, J. (2020). A vignette study of option refusal and decision deferral as two forms of decision avoidance: Situational and personal predictors. PLOS ONE, 15(10), e0241182. doi: 10.1371/journal.pone.0241182 [download]

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