Zu Gast bei Lehrerbildnern in Linz

Linz vom Pöstlingsberg aus gesehen (zum Vergrößern anklicken)

Meine Reise durch verschiedene Fachkulturen (nach Experimental Economics und nach Forstwissenschaften) führte mich diesmal nach Linz/Donau an die PH Oberösterreich, wo ich auf dem dortigen “Tag der Lehre” eine Keynote über die Notwendigkeit divergenten Denkens halten durfte (Dank an das Organisationsteam – Doris Dressnandt, Christine Plaimauer und Stephan Stumpner – für die nette Einladung!). Natürlich war das keine Tagung, auf der neueste Forschung berichtet wurde, sondern praxisnaher Austausch erwünscht war – aber ein Eindruck über Inhalte und Methoden der Lehrerbildung (also über die dortige Fachkultur) war über Beobachtung und Gespräche am Rande der Veranstaltung möglich, an der übrigens das gesamte Rektorat teilgenommen hatte.

Erfreulicherweise hatte ich das Vergnügen, einer anderen Keynote lauschen zu können, die Gerfried Stocker (Geschäftsführer des AEC, Ars Electronica Center) zum Thema “Ein Blick in die Glaskugel – Was die Zukunft für die Schule bereithält” hielt. Beeindruckend, was er über herausragende Teilleistungen beim “machine learning” erzählte (Komposition von Musik im Stil von Bach, Gesichtserkennung, medizinische Diagnostik)! Was er aber auch deutlich machte: Facebook hat heute weltweit mehr Nutzer als die größten Religionsgemeinschaften (Nutzer = mindestens 1x pro Monat aktiv)! Christen gibt es weltweit ca. 2.2 Mrd (ob die mindestens 1x pro Monat in die Kirche gehen, bleibt unklar), FB-Nutzer gibt es 2.4 Mrd weltweit. Der Papst kann das Leben von 1.2 Mrd Katholiken nachhaltig beeinflussen, Mark Zuckerberg beeinflusst doppelt so viele Menschen! Erschreckend, weil es kaum kontrolliert wird! Wenn Zuckerberg morgens aufwacht und ein neues Feature implementieren lässt, greift er damit in die Aktivitätsmuster vieler Menschen ein…

In der Podiumsdiskussion zur Zukunft der Lehrerbildung wurde klar, dass Schule mehr tun muss, um divergentes Denken zu fördern. Über das Ziel sind sich alle einig, allerdings herrscht Unklarheit über die Mittel. Ein Ansatzpunkt bietet die “Lehrerpersönlichkeit” – gesucht werden Lehrerinnen und Lehrer, die den Schülerinnen und Schülern Mut machen, sie zum eigenen, kritischen Denken anregen, Nonkonformismus aushalten und fördern. Die Auswahl von Lehrerinnen und Lehrern ist daher ein wichtiges Element (nur die Besten kommen in Frage!), ein anderes Element muss die berufsbegleitende Förderung, Fortbildung und Unterstützung sein. Die Neugier und Offenheit von Kindern und Jugendlichen zu erhalten ist ein Oberziel. Es braucht einen Aufbruch (mit Betonung auf “Bruch”, auf Disruption!).

Dass personalisierte Artificial Intelligence (genauer gesagt Techniken des Machine Learning) dabei helfen könnte, langweilige Teile der Wissensvermittlung zu übernehmen und dadurch Lehrerinnen und Lehrern mehr Zeit für andere Themen (z.B. Motivationsaufbau) erhalten könnten, ist eine interessante Perspektive – auch wenn ich den eLearning-Verfahren insgesamt eher skeptisch gegenüber stehe (siehe auch meinen früheren Blogbeitrag „Lob der Vorlesung„).

Ich konnte die Gelegenheit nutzen, Linz als Stadt ein wenig zu erkunden (Schlossmuseum, Lentos-Kunstmuseum, Ars Electronica Center; Pöstlingsberg, Mariendom, Kellertheater). Zu sehen ist hier die Wandlung von einer früheren “Stahlstadt” zu einem kreativen Ort (einem “kreativen Milieu”?). Ein angenehmer Nebeneffekt einer Vortragsreise!

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