Nachhaltigkeit braucht Taten

Am 27.10.19 wurde im Mannheimer Rosengarten zum 27. Mal der Deutsche Umweltpreis von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt verliehen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte den mit jeweils 250.000 Euro dotierten Preis an die beiden Preisträger, die Münchener Bodenforscherin Ingrid Köbel-Knabner und den Mainzer Reinigungsmittel-Hersteller Reinhard Schneider.

Moderatorin Judith Rakers, DBU-Generalsekretär Alexander Bonde, Preisträgerin Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Preisträger Reinhard Schneider, DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter und Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller.

Moderatorin Judith Rakers, DBU-Generalsekretär Alexander Bonde, Preisträgerin Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Preisträger Reinhard Schneider, DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter und Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller. - © DBU/Peter Himsel

In seiner Rede betonte der Bundespräsident, dass Nachhaltigkeit Heldinnen und Helden brauche, die mit Taten vorangehen und aufzeigen, was möglich ist. Zitat Steinmeier: „Die Plastikflasche, die heute recycelt wird, landet morgen nicht in den Weltmeeren. Sie kommt übermorgen wieder in den Rohstoffkreislauf. Der Boden, der heute vor der Erosion geschützt wird, bindet Kohlenstoff. Und er kann damit auch morgen noch als Ackerland Menschen ernähren. Die Zukunft ist nicht vorbestimmt. Es liegt an uns, was wir aus ihr machen.“ Klare Worte!

Steinmeier forderte eine „sachliche Debatte“ über Klimaschutz und Klimapolitik. Er warnte davor, einzelne Gruppen und Positionen gegeneinander auszuspielen. „Gemeinsam muss es uns gelingen, dass aus Umwelt- und Klimaschutz keine polarisierende Identitätspolitik wird, keine Spaltung zwischen den Arbeitnehmern der Autoindustrie und den Blockierern von Straßen, zwischen Landwirten und Naturschützern, zwischen denen, die es sich leisten können, und denen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen“, sagte Steinmeier. Klimapolitik sei umso wirksamer, je mehr Menschen man auf den Weg mitnehme. Das hat mir gut gefallen!

Der Unternehmer Reinhard Schneider hat mir imponiert mit einem umfassenden Nachhaltigkeitskonzept: In seinem Mainzer Familienunternehmen wird z.B. auf den Firmendächern Solar- und Windstrom erzeugt – und das in so großer Menge, dass überschüssiger Strom zur Einspeisung in e-Bikes und e-Autos den Mitarbeitenden umsonst zur Verfügung gestellt wird. Ausserdem (und das war das preiswürdige Konzept) verwendet srine Firma in einem Massenmarkt (Reinigungsmittel der Marke „Frosch“) konsequent Recyclat (ein hochwertiges Material aus Alt-Plastik) – eine Erfindung, die über Open Innovation auch anderen Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wird (was allerdings nach Angaben Schneiders kaum genutzt wird, da es ein paar Cent teurer in der Produktion von Verpackungsmaterial wird – welche Schande!).

Ich habe mich gefragt: Wo sitzen eigentlich an unserer Universität die Nachhaltigkeitshelden? Ich habe den Eindruck, von einer Reihe von Nachhaltigkeitsmuffeln umgeben zu sein (ich kenne auch ein paar Ausnahmen!): meine Versuche, das Thema Nachhaltigkeit im Senat zu platzieren (siehe meinen Blog-Beitrag von 2017 „Nachhaltigkeit als Thema im Senat„), wurden grandios abgeschmettert („erst kommt die Exzellenz, um Nachhaltigkeit kümmern wir uns später“); die Versuche, im Institut kleine Schritte zu machen (Ladestation für e-Autos und e-Bikes auf dem Institutsparkplatz; Reaktivierung der vorhandenen „Institutsdusche“ im Hintergebäude – heute zur Lagerung von nicht-ökologischen Putzmitteln genutzt – für verschwitzte Radfahrer, die sich frisch machen wollen; Solaranlage auf dem Dach; energetische Gebäudesanierung; etc.), sind bislang wirkungslos geblieben. Vielleicht stimmt ja, was Greta Thunberg von der UN-Versammlung sagte: „I know you are trying but just not hard enough – sorry!“.

Wundern wir uns, dass es mit dem Klimawandel nicht besser wird, wenn wir es schon vor der eigenen Haustüre nicht schaffen ordentlich zu fegen? Sollte nicht gerade eine zukunftsgerichtete Institution wie die Universität Heidelberg ein Vorbild auch in Sachen Nachhaltigkeit sein? Das Motto „Zukunft seit 1386“ ist noch kein Programm! Eine Nachhaltigkeitsbilanz der Universität liegt jedenfalls bis heute nicht vor (sogar mein Kaffeelieferant um die Ecke legt so etwas vor, siehe hier). Es geht auch anders: die ETH Zürich veröffentlicht seit 2009 einen Nachhaltigkeitsbericht und bemüht sich um eine Reduktion von Dienstflügen). Exzellenz UND Nachhaltigkeit: geht anscheinend! Hier geht es zu den Nachhaltigkeitsberichten der Exzellenz-Uni Hamburg. Und hier geht es zu weiteren Nachhaltigkeitsberichten von Unis und Forschungseinrichtungen (Bremen, Eberswalde, Eichstätt, Furtwangen, Graz, Hamburg, Heilbronn, Jülich, Kassel, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück, Pforzheim, Trier)  – geht doch!

Für uns in Heidelberg böten sich Chancen: Das Campus-Gelände INF wäre ja toll als Erprobungsfeld für innovative Lösungen in Sachen Energiesparen, Mobilität, Nachhaltiges Bauen etc. geeignet, oder? Könnten wir nicht Vorbild sein? Müssen wir nicht Vorbild sein? Das wichtige Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung – ein UNESCO-Weltaktionsprogramm – kommt an Universitäten wie der unsrigen wohl eher zu kurz. Ob die „Students for Future“ daran etwas ändern? Mal schauen! Vom 25.-29.11.19 sind bundesweite Hochschulstreiks geplant. Wenn man wollen will, lassen sich Dinge in Bewegung versetzen. Meinen Vortrag findet man hier.

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