Seniorpensionär Funke

Am Freitag 12.4.19 stand ein Termin in meinem Kalender: „Rektorat Seniorprofessur Funke“ – ich war davon ausgegangen, die schriftliche Bestätigung über den schon lange in der Diskussion befindlichen Ehrentitel „Seniorprofessur“ zu erhalten. Tatsächlich war dies ein Irrtum! Hier die ganze Geschichte:

Im Juni 2018 hatte das Professorium des Psychologischen Instituts meinen Wunsch nach einer kostenneutralen dreijährigen Verlängerung meiner Arbeitstätigkeit über die reguläre Altersgrenze (Pension ab 1.4.2019) hinaus wohlwollend aufgegriffen und in die Fakultätssitzung vom 25.7.2018 eingebracht. Dort haben die Kolleginnen und Kollegen der Fakultät für Verhaltens- und Empirische Kulturwissenschaften den Antrag des Psychologischen Instituts auf Erteilung einer normalen Seniorprofessur abgeändert in einen Antrag auf Erteilung einer Seniorprofessur Distinctus – eine Steigerung der Ehre, weil dieser Titel auf Lebenszeit vergeben wird, der normale Seniorprofessor dagegen nur für drei Jahre (hier die Satzung zur Vergabe des Titels, der im Landeshochschulgesetz nicht vorkommt). Was zu dem Zeitpunkt nicht klar war: Das Vorschlagsrecht für den SP Distinctus liegt gar nicht bei der Fakultät, sondern beim Rektorat…

Die einstimmige Entscheidung der Fakultät wurde vom Dekanat ins Rektorat getragen, im Dezember 2018 hiess es dann mündlich, es gäbe keinen „Distinctus“, sondern eine normale Seniorprofessur. Im Januar 2019 berichtete die zuständige Sachbearbeiterin auf Nachfrage, dass sie die Unterlagen ins Rektorat gegeben habe. Danach war Funkstille, was wegen der anstehenden Begehung im Rahmen der Exzellenzinitiative Mitte März 2019 nicht verwunderlich schien. Als ich Ende März nachgefragt habe, wann der Termin zur Urkundenübergabe vorgesehen sei, hiess es, dieser sei am 12.4.19 beim Rektor vorgesehen. Am 11.4.19 nachmittags wurde mir dann telefonisch mitgeteilt, dass der Rektor verhindert sei und mir die Urkunde aus der Hand des Kanzlers überreicht werden würde. Und, ja: Tatsächlich habe ich dort eine Urkunde erhalten: meine Entlassungsurkunde aus dem aktiven Dienst! Eine Seniorprofessur Funke gab es nicht nach der Entscheidung des damaligen Rektorats (bestehend aus Rektor Bernhard Eitel, Kanzler Holger Schroeter und den Prorektoren Beatrix Busse, Stephen Hashmi, Dieter Heermann und Oscar Loureda; seit 1.10.19 ist ein neues Team am Start)! Warum nicht? Keine schriftliche Begründung… War die Santander-Affäre schuld? Ich weiss es nicht. Das Nicht-Vorlegen einer schriftlichen Begründung ist in meinen Augen ein Skandal.

Nachtrag 7.1.2020 in Sachen Santander-Affäre: Die Doktoranden-Card ist am 16.12.2019 zum zweiten Mal Thema einer Anfrage im Landtag Baden-Württemberg geworden, Drucksache 16/7444; die erste Anfrage war die Drucksache 16/6960 vom 26.9.2019, und das, obwohl sich die Uni am 6.9.2019  entlastet sieht, ja sogar „zu Unrecht beschuldigt“.

Nachtrag 13.2.2020 in Sachen Santander-Affäre: Laut dieser Pressemitteilung der Uni HD wurde die Zusammenarbeit von Uni Heidelberg und Banco Santander am 7.2.2020 einvernehmlich und ergebnislos nach 5 Jahren beendet – das hätte man m.E. früher feststellen können.

Nachtrag 6.6.2020 in Sachen Santander-Affäre: Nun liegt auch die Antwort des Ministeriums auf die dritte Anfrage im Landtag Baden-Württemberg vor, Drucksache 16/7953 – und wie einem Bericht der Stuttgarter Zeitung vom 2.6.2020 zu entnehmen ist, wird das nicht das Ende der Affäre sein…

Nachtrag 27.1.2021 in Sachen Santander-Affäre: Inzwischen hat es eine vierte Anfrage zur Causa Doktorandencard gegeben, Drucksache 16/9108, und zudem eine Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Landes Ba-Wü am 20.1.2021, über die in der Stuttgarter Zeitung vom 22.1.2021 berichtet wurde.

Nachtrag 29.1.2021 in Sachen Santander-Affäre: Heute berichtet die RNZ (hier der Beitrag) über eine nunmehr – nach 5 Jahren! – stattfindende Vorprüfung der Heidelberger Staatsanwaltschaft…

Nachtrag 28.7.2021 in Sachen Santander-Affäre: Die RNZ berichtet, dass die Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht für Straftaten in dieser Angelegenheit sieht und daher kein formales Ermittlungsverfahren einleitet. Damit ist die Causa Santander nach >5 Jahren abgeschlossen.

Daraufhin hat meine Fakultät im Sommer 2019 eine dreijährige „normale“ SP für mich beantragt (erneut ohne zusätzliche Kosten für Rektor/Land, verbunden mit meinem Angebot zur Übernahme einer Pflichtvorlesung), die das Rektorat erneut abgelehnt hat. Wie mir mein Dekan Dirk Hagemann letzte Woche berichtete, hätte der Rektor mündlich in einem Gespräch Ende September 2019 als Begründung angeführt, mein Einsatz für die Universität sei nicht überdurchschnittlich gewesen und rechtfertige keine derartige Auszeichnung. Der Fakultätsvorstand hat auf einen Protest gegen diese Entscheidung verzichtet.

Bin ich enttäuscht? Ein wenig – ist es doch erstaunlich, wie sehr die Einschätzung meiner Fakultät und damit der Kollegen, die meine Arbeit und mein Engagement für diese Universität aus jahrelanger enger Zusammenarbeit kennen, und die des Rektorats auseinander klaffen.

Finde ich es schade? Sicherlich! Natürlich habe ich in manchen Angelegenheiten eine kritische Haltung vertreten, sicherlich damit auch Menschen verärgert. Aber haben nicht gerade auch die „Unbequemen“ wichtige Funktionen in demokratischen Systemen? Muss man nicht gerade als Senatssprecher (der ich achteinhalb Jahre lang war) in besonderer Weise eine Kontrollfunktion ausüben? Letztlich ging es mir immer um eines: Im besten Sinne für unsere Universität und deren Reputation zu handeln, unabhängig davon, ob dies Verärgerung auslöste. Aber von Verärgerungen Abstand zu nehmen und die Beweggründe des anderen hinter der Unbequemlichkeit zu sehen und vielleicht sogar anzuerkennen, ist ein schwieriges Unterfangen, das nicht immer gelingen will, das weiß ich als Psychologe nur zu gut.

Für mich fast wichtiger als die ablehnende Entscheidung des Rektorats: Die große Unterstützung aus dem Kreis meiner Fakultät und meines Instituts! Das ist für mich sehr wichtig und gut zu wissen, dass die mir nahe stehenden Kolleginnen und Kollegen meine Arbeit für unsere Universität schätzen und für mich eintreten. Und ich hoffe (und bin zuversichtlich): Unter den Mitarbeitern dieser Universität wird es auch in künftigen Generationen immer wieder solche geben, die für das, was ihnen zum Wohle dieser Universität wichtig erscheint, Auseinandersetzungen nicht scheuen und den Mut haben, dafür einzutreten.

Nachtrag 19.12.2019: Zu meiner großen Freude hat mir die Fachschaft Psychologie letzte Woche einen Ehrentitel verliehen, auf den ich sehr stolz bin:

Danke! Dies ist eine einzigartige Auszeichnung und zudem handgemacht Ich weiss das sehr zu schätzen! Die kann kein Rektor vergeben oder versagen.

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