Erinnerung an Bücherverbrennung am 17.5.1933

Das Nazi-Regime des Dritten Reiches hat viele schreckliche Gesichter gehabt – eines davon hieß Bücherverbrennung! Dass sich ausgerechnet Studenten (auch und gerade Heidelberger!) vor den Propaganda-Karren spannen ließen, ist erschreckend und zeigt, das kritisches Denken auch unter Akademikern erst gelernt werden muss! Übrigens wurden damals nicht nur Literaten geächtet, sondern auch Wissenschaftler wie Sigmund Freud, dessen Schriften wegen seiner Abstammung ebenfalls dem Feuer preisgegeben wurden…

Die Bürgerstiftung Heidelberg hat im Jahr 2011 unter dem damaligen Vorsitz von Steffen Sigmund und auf Anregung des damaligen Vorstandsmitglieds Dietrich Harth eine Gedenktafel an diese Greueltat auf dem Universitätsplatz anbringen lassen, die den alltäglichen Belastungen über die Jahre hinweg leider nicht standgehalten hat. Sie wurde nun am 1.3.2019 durch eine neue, stabile gusseiserne Platte mit dem damaligen Text und in gleicher Größe von etwa 1×1 Meter feierlich ersetzt. Die Gedenkplatte auf dem Universitätsplatz enthält den folgenden Text:

Im Regenschauer enthüllten die Vorsitzende unserer Bürgerstiftung, Switgard Feuerstein, Prorektorin Beatrix Busse und Bürgermeister Wolfgang Erichson in Anwesenheit zahlreicher Vertreter der Bürgerschaft die von der Bürgerstiftung Heidelberg mit Unterstützung durch Stadt und Universität erneuerte Gedenkplatte, nachdem verschiedene erinnernde und mahnende Grußworte vorgetragen wurden. Auch Dietrich Harth, auf dessen Initiative hin die Gedenkplatte 2011 geschaffen wurde, war anwesend und sprach ein paar Worte.

Auch eine Schilderung von Erich Kästner wurde verlesen, in der dieser seine Empfindungen beschreibt, als er sich am 10.5.1933 bei der Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz unter den Zuschauern befand und seine eigenen Bücher im Feuer aufgehen sah. Er schreibt in seinem 1947 erschienenen Beitrag „Über das Verbrennen von Büchern“ über die Studierenden, die in braunen Uniformen das scheußliche Geschehen zelebrierten: „Es war wohl allen ohne Ausnahme klar, dass sie heute der gesamten zivilisierten Welt ein unvergesslich widerwärtiges Schauspiel boten. Ein Schauspiel, das unauslöschbar in den Annalen der Menschheit eingetragen bleiben würde“.

Im Hintergrund des Heidelberger Universitätsplatzes sieht man den Eingang des Kollegiengebäudes der Universität, mit Pallas Athene als Schirmherrin und dem Leitspruch „Dem lebendigen Geist“ (der übrigens in den Jahren 1933-1945 abgeändert wurde in „Dem deutschen Geist“, Pallas Athene musste dem Reichsadler weichen…). Das Kollegiengebäude heißt übrigens Schurmann-Bau, weil sein Bau Ende der 1920er Jahre vom damaligen amerikanischen Botschafter Jacob Gould Schurman (1925-1930 in Berlin) im Jahre 1928 mit 400.000 Dollar unterstützt wurde, eine Keimzelle des heutigen Heidelberg Center for American Studies (HCA; die spannende Geschichte dahinter erzählt dessen langjähriger Direktor Detlef Junker in diesem Artikel).

Ich bin froh, dass wir uns an diese Schandtat erinnern und alles dafür tun, dass so etwas nie wieder geschehen darf! Meinungs- und Pressefreiheit sind ein Kernmerkmal demokratischer Gesellschaften, die es zu verteidigen gilt! Und wie schön, dass zu heutiger Zeit an dem Platz, an dem damals Bücher verbrannt wurden (dem Universitätsplatz), heute Bücher gefeiert werden! Die Literaturtage 2019 stehen bevor (vom 15.-19.5.2019) und sind wie jedes Jahr ein tolles Fest, in dessen Mittelpunkt Bücher stehen! Heidelberg ist ja seit 2014 UNESCO „City of Literature„! Da kommt eine Wertschätzung für Bücher zum Ausdruck, die ein Verbrennen nicht mehr zulässt!

PS: Wer sich für mehr Information zum Thema interessiert, sei auf eine Veröffentlichung von Dietrich Harth aus dem Jahre 2011 verwiesen mit dem Titel „Die Heidelberger Bücherverbrennung des Jahres 1933“ (hier als PDF). Einige der „Feuersprüche“, mit denen Studenten die Bücher in die Flammen warfen, finden sich hier (z.B. „Gegen seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens, Für den Adel der menschlichen Seele! Ich übergebe der Flamme die Schriften des Sigmund Freud.“).

PPS: Zum Hintergrund der Bücherverbrennung eine interessante Dokumentation von Phoenix:

Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=XVm2v3wMtps

Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=IHsB72fesII

Teil 3: https://www.youtube.com/watch?v=nWOsTpk64Js

PPPS: siehe auch ähnliche Blog-Einträge wider das Vergessen:

https://joachimfunke.de/2018/11/09/pogrom-nacht-9111938/

https://joachimfunke.de/2008/11/09/70-jahre-reichskristallnacht-9111938/

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