Reform der Psychotherapeutenausbildung

Schon lange wurde über die Reform der Psychotherapeutenausbildung diskutiert. Bislang findet sie als mehrjährige kostenpflichtige Weiterbildung im Anschluß an ein fünfjähriges Psychologiestudium statt. Zahlreiche private, aber auch universitäre An-Institute bieten Therapieausbildungen an (bei uns am Institut ist es das ZPP, Zentrum für Psychologische Psychotherapie Heidelberg). Im vorgeschiebenen Praxisjahr („Psychotherapeut in Ausbildung„, PiA) erhalten die Ausbildungskandidatinnen und -kandidaten wenig bis keine Geld für qualifizierte Arbeit – das hat viele auf die Barrikaden getrieben.

Seit Anfang Januar 2019 liegt nun der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministers auf dem Tisch. Er trägt das schöne Kürzel „PsychThGAusRefG“ (Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz) und beschreibt, wie Studierende der Psychologie durch ein polyvalentes Bachelor- und ein spezialisiertes Masterstudium nach fünf Jahren zur Approbation und zur Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ gelangen können.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs), vertreten durch ihre Präsidentin Prof. Dr. Birgit Spinath, Uni Heidelberg, und der Fakultätentag Psychologie (FTPs; eine Interessensvertretung der deutschsprachigen universitären Psychologie-Institute), vertreten durch seinen Vorsitzenden Prof. Dr. Markus Bühner, LMU München, haben in einer gemeinsamen Stellungnahme den Referentenentwurf begrüßt, aber auch auf ein paar Nachbesserungsbedarfe verwiesen (z.B. bei den zu erwartenden Zusatzkosten, der Finanzierung der Weiterbildungskosten oder erleichterte Übergangsregelungen).

Dass die Ärzteschaft nicht glücklich ist mit der nun bevorstehenden Aufwertung der Psychotherapie-Ausbildung (die frühere Berufsbezeichnung „psychologischer Psychotherapeut“ soll zukünftig sinnvollerweise abgekürzt werden zu „Psychotherapeut“, lediglich Ärzte sollen demnächst als „ärztliche Psychotherapeuten“ ausgezeichnet werden), verwundert nicht. Die Stellungnahme im Deutschen Ärzteblatt sieht etwa die Behandlungssicherheit psychisch kranker Menschen in Gefahr.

Die Vehemenz allerdings, mit der von einigen Personen aus der Ärzteschaft Stimmung gegen die Psychotherapeuten gemacht wird, verwundert etwas. In der „Süddeutschen Zeitung“ vom 31.1.2019 schreibt an prominenter Stelle der Psychiater Thomas Pollmächer abschätzig von „Barfussärzten für die Seele“ und wünscht einen stärkeren Einfluß der Medizin für eine ganzheitliche Betrachtung von Patienten. Der Unmut der Ärzte richtet sich wohl auf eine Klausel zu Modellstudiengängen, die es Psychotherapeuten erlauben würde, unter bestimmten Bedingungen Psychopharmaka zu verschreiben. Auf diese Klausel wollen aber DGPs und FTPs sowieso verzichten, da der Mehraufwand im Studium für Psychopharmakologie kaum zu leisten wäre und damit die Polyvalenz des Bachelor-Studiengangs in Frage stellen würde.

Leider spricht auch unser Fach wieder einmal nicht mit einer Zunge: Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) z.B. lehnt in seiner Stellungnahme den Referentenentwurf zimlich grundsätzlich ab. Zitat: „Eine Neuregelung aus Gründen der Versorgungsqualität ist deshalb nicht nur unnötig, sondern droht in der vorliegenden Fassung auch, sich negativ auszuwirken.“

Erfreulich ist die Haltung der Studierenden. Die „Psychologie-Fachschaften-Konferenz“ (kurz: PsyFaKo) hat eine differenzierte Stellungnahme abgegeben, die gut mit der Position von DGPs und FTPs harmoniert.

Geplant ist die Umsetzung des kommenden Gesetzes (es muss noch den parlamentarischen Weg durch Bundestag und Bundesrat nehmen) bereits zum Wintersemester 2020/21 – ein ambitionierter Zeitplan, wenn man die Langsamkeit der zu einer Studienreform notwendigen universitären Gremien kennt. Bei uns in Heidelberg beginnen die Planungen des neuen Studiengangs bereits.

Ich will nicht verhehlen, dass ich der geplanten Änderung nicht nur Vorteile abgewinnen kann. Ich fürchte eine Spaltung unseres Faches in Psychotherapie und den Rest. Dass eines unserer wichtigsten Anwendungsfächer nun so stark gemacht wird, ist einerseits toll, andererseits muss man sich fragen, ob das nicht zu Lasten anderer Anwendungen geht (z.B. Arbeits- und Organisationspsychologie, Pädagogische Psychologie, Forensische Psychologie, Medien-Psychologie). Die konkreten Ausgestaltungen der Curricula werden das zeigen. Da sollten wir wachsam bleiben.

Aktuelle Infos zum Vorgang findet man hier: https://psychotherapie.dgps.de/faq/

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