Schon länger habe ich mich mit Generativer Künstlicher Intelligenz (z.B. ChatGPT) beschäftigt (siehe hier oder hier). Jetzt habe ich die halluzinatorischen Fähigkeiten der KI erprobt, indem ich mit Hilfe von ChatGPT4.0 eine kriminelle Kurzgeschichte erstellt habe: „Mord am Wasserturm. Ein neuer Fall für Clara Baumann.“ Die Geschichte gibt es hier zum (kostenlosen) Download. Internationale Leser dieses Blogs müssen die deutsche Textversion übersetzen lassen (z.B. mit KI-Werkzeugen wie Deepl).

Klappentext
Der Mannheimer Wasserturm. Ein grausamer Fund. Ein neuer Fall für Clara Baumann. – Als an einem nebligen Herbstmorgen ein lebloser Körper am Fuß des alten Wasserturms entdeckt wird, gerät die Stadt ins Wanken. Die erfahrene Kommissarin Clara Baumann wird zur Ermittlerin in einem Fall, der dunkle Geheimnisse ans Licht bringt – und sie selbst an ihre Grenzen führt.
Was zunächst wie ein tragischer Unfall aussieht, entpuppt sich schnell als kaltblütiger Mord. Doch wer hatte ein Motiv? Und was hat es mit dem rätselhaften Zeichen auf dem Turm auf sich?
Clara Baumann muss tief in die Vergangenheit der Stadt eintauchen – und je näher sie der Wahrheit kommt, desto gefährlicher wird es auch für sie selbst.
Ein atmosphärischer Kriminalroman voller Spannung, Wendungen und psychologischer Tiefe – für alle Fans von packenden Ermittlungen und starken Frauenfiguren.
„Dies ist mein erster Krimi“
Meiner? Ich habe die Grundidee (den Plot sozusagen) entworfen und sie dann von ChatGPT4.0 ausformulieren lassen. An einigen Stellen habe ich nachgebessert. Darf das Ergebnis meinen Namen tragen? Ich denke schon. Auch wenn viele Formulierungen von einer Maschine stammen, ist die Idee doch meine gewesen. Auch in der wissenschaftlichen Welt (vor allem in der Medizin) sind Schreibbüros gebräuchlich, die aus Ideen Anträge machen.
Natürlich habe ich Bauchschmerzen, wenn ich höre, dass die Trainingsdaten von ChatGPT „geklaut“ sind – sie wurden ohne Entschädigung der Autoren aus den im Darknet zugänglichen Kopien zahlloser Bücher erzeugt – ein Skandal! Schattenbibliotheken wie LibGen wurden gnadenlos geplündert. Das tut mir natürlich für die geprellten Autorinnen und Autoren leid. Daher hier ein kurzer Exkurs zu LibGen.
Exkurs zu LibGen
Es ist leicht zu verstehen, warum LibGen für Unternehmen der generativen KI interessant ist, deren Produkte riesige Mengen an Text benötigen. Die Schattenbibliothek LibGen (bzw. Annas Archive, nach eigenen Angaben „die weltweit größte, frei verfügbare Open-Source-Bibliothek“) ist riesig, um ein Vielfaches größer als Books3, eine andere raubkopierte Büchersammlung. Zu den Werken in LibGen gehören neuere Literatur und Sachbücher von prominenten Autoren sowie Artikel aus führenden wissenschaftlichen Zeitschriften. Sie enthält viele Millionen Artikel von bekannten wissenschaftlichen Zeitschriftenverlagen wie Elsevier und Sage Publications.
LibGen wurde um 2008 von Wissenschaftlern in Russland gegründet. Wie ein LibGen-Administrator schrieb, dient die Sammlung Menschen in „Afrika, Indien, Pakistan, Iran, Irak, China, Russland und der ehemaligen UdSSR usw. sowie Menschen, die nicht der Wissenschaft angehören“. Im Laufe der Jahre wurde die Sammlung immer umfangreicher, da die Mitwirkenden immer mehr Raubkopien einstellten. Ursprünglich war der größte Teil von LibGen auf Russisch, doch schon bald dominierten englischsprachige Werke die Sammlung.
Dass LibGen so schnell gewachsen ist und nicht von den Behörden geschlossen wurde, ist zum Teil der Verbreitungsmethode zu verdanken. Während einige andere Bibliotheken an einem einzigen Ort gehostet werden und ein Passwort für den Zugang erfordern, wird LibGen in verschiedenen Versionen von verschiedenen Personen über Peer-to-Peer-Netzwerke gemeinsam genutzt. Auch wenn es ein Dorn im Auge großer Verlage ist: Die kostenlose Verbreitung wissenschaftlicher Literatur halte ich als Fan von open access (siehe z.B. hier) natürlich für einen großen Dienst an der Menschheit!
Warum ich trotzdem ChatGPT 4.0 benutzt habe
Es gibt mehrere Gründe, die mich dazu veranlasst haben, dieses Projekt voranzutreiben. Zum einen wollte ich die Leistungsfähigkeit von ChatGPT ausprobieren und muss nach der Erfahrung sagen: Gar nicht so schlecht, was die KI da (unter meiner Anleitung) geschrieben hat. Eine professionelle Lektorin hat allerdings ihre Hände über dem Kopf zusammengeschlagen… Ich selbst finde den Plot spannend und gar nicht so konstruiert. Natürlich ist das Konzept noch überarbeitungsbedürftig, bevor es einem Verlag vorgelegt werden kann.
Zum anderen will ich auf die Gefahren hinweisen: Das Konzept des Autors „verschwimmt“! Man muss jetzt genauer unterscheiden zwischen „Ideengenerator“ und „Ausformulierer“. Hatten wir so was nicht schon mal? Natürlich gibt es -wie schon erwähnt- „Schreibbüros“ (Hier der Link zu einem kommerziellen Schreibbüro – ich habe keine Verbindung dazu!- :
https://www.schreibbuero-24.com/schreibservice/medizinischer-schreibdienst) und Ghostwriter, die Ideen einer Chefärztin oder eines vielbeschäftigten Autors umsetzen und in Form bringen (siehe auch: https://undetectable.ai/blog/de/wie-man-einen-forschungsantrag-schreibt/) – nichts Neues also, trotzdem problematisch. Das Konzept „authorship“ wird ja auch bei Artikeln mit mehreren Autoren fragwürdig (in der Physik kenne ich Artikel mit >2800 Namen, z.B. der Beitrag über die Entdeckung der Higgs-Bosonen von Aad et al., 2012, „Combined search for the Standard Model Higgs boson in pp collisions at s = 7 TeV with the ATLAS detector“ – allein 14 Seiten (!) dieser Publikation sind voll von kleingedruckten Autorennamen und deren Affiliationen). Das Konzept eines verantwortlichen Erst- bzw. Letztautors bei wissenschaftlichen Publikationen löst dieses Dilemma nicht wirklich. Und immer öfter lese ich in Fachartikeln den Hinweis: „During the preparation of this work, the authors used GPT-4 to assist in creating stimuli and editing the manuscript. After using this tool, the authors reviewed and approved the content and take full responsibility for the content of the stimuli and publication.“
Übrigens gibt es auch in der Krimi-Szene Werke von mehr als 1 Autor: Maj Sjöwall & Per Wahlöö, Wolfgang Burger & Hilde Artmeier, Volker Klüpfel & Michael Kobr. Die Liste ließe sich noch verlängern. Heftchen-Serien wie „Jerry Cotton“ wurden immer schon von wechselnden Autoren verfasst.
Sonstiges
Weggelassen habe ich eine „Stammtisch-Szene“, in der sich „mein“ Mannheimer Ermittlungsduo (Clara Baumann und Lothar Lenz) jeden dritten Montag des Monats im Irish Pub „Dwarfs Inn“ (dem legendären Zwergenstübchen) mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen wiederkehrenden Ermittlungsteams trifft (z.B. mit Alexander Gerlach, dem Ermittler von Wolfgang Burger, der im Dezember 2024 verstorben ist; mit Maria Mooser und Roland Alsberger, dem Team von Marlene Bach; mit dem Fahrrad fahrenden Max Koller, dem Privatdetektiv von Marcus Imbsweiler; mit Edelgard, der ermittelnden Buchhändlerin von Claudia Schmid; mit Friedrich Gontard, dem pensionierten Kripochef von Lilo Beil, die im Mai 2025 verstorben ist; und noch viel mehr Personen). Ich wusste nicht, ob ich die Figuren von anderen Autorinnen und Autoren einfach so (ohne Genehmigung) auftreten lassen darf. Witzig wäre es schon, oder?
Clara Baumann wartet übrigens nach ihrem Mannheimer „Erfolg“ auf ihren Einsatz in Heidelberg (zwei Fälle stehen bevor, wie der auktoriale Erzähler bereits weiss: „Mord am Philosophenweg“ , eine ganz frühe Halluzination von ChtGPT über den Mord an einem jungen Uni-Assistenten, der zuviel wusste; „Mord am Löwenbrunnen“ , gemeint ist: „Mord am Universitätsplatz“ , der „Fall“ des langjährig amtierenden Rektors, der im Herbst 2023 zurücktrat – hier läuft noch die mehrjährige Sperrfrist…). „Mord am Mummelsee“ hiess übrigens der erste Fall mit Clara Baumann (noch nicht veröffentlicht).
Und ich kenne inzwischen mehrere Bücher, die mit Hilfe von KI geschrieben wurden – da gibt es gute wie schlechte… Ich halte es mit der (angeblichen) Aussage des kürzlich verstorbenen amerikanischen Regisseurs David Lynch: „Das ist wie ein Bleistift. Alle haben Zugang zu einem Bleistift, und genauso werden alle mit einem Smartphone KI verwenden, wenn sie das nicht ohnehin schon tun. Es kommt darauf an, wie man den Bleistift verwendet.“
Wie gefällt Ihnen denn der Mord am Wasserturm?
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