Das Curriculum Psychologie – die Studienordnung, heute Modulhandbuch genannt – wurde zuletzt für die Bologna-Reform im Jahr 2008 angepasst. In dem neuesten BSc-Modulhandbuch steht als Datum 17.1.24, das täuscht aber, weil nur Kleinigkeiten angepasst wurden. Die Struktur wurde vor knapp 20 Jahren festgelegt. Seither gibt es einen Bachelor-Studiengang mit 180 ECTS (1 ECTS = 30 Arbeitsstunden, ECTS = „European Credit Transfer and Accumulation System“, also die in Europa gültige Währung für erbrachte Studienleistungen) und einen konsekutiven Master-Studiengang (120 ECTS), in Heidelberg gibt es den BSc/MSc seit dem WS 2007/08 (siehe meinen damaligen Blog-Eintrag „Die neuen Erstsemester sind da!„).
Ging es beim Bologna-Prozess hauptsächlich um Employability (Beschäftigungsfähigkeit), sollten Hochschulen doch vor allem Wert auf kritisches Denken legen. Unsere gegenwärtige „alte“ Studienordnung weiß z.B. nichts von KI (Künstlicher Intelligenz), nichts von Fakes. Auch die Rolle der gesellschaftspolitischen Funktion der Psychologie in Zeiten demokratiegefährdender Strömungen ist nicht geklärt.
Die in der Präambel des Modulhandbuchs genannten „Übergreifenden Qualifikationsziele“ beschreiben ein Kompetenzprofil, das ein für alle Disziplinen gültiges Qualifikationsprofil darstellt und in allen Modulhandbüchern der Uni Heidelberg gelten soll. Es umfasst folgende 5 sehr allgemeine Punkte:
- Entwicklung von fachlichen Kompetenzen mit ausgeprägter Forschungsorientierung
- Entwicklung transdisziplinärer Dialogkompetenz
- Aufbau von praxisorientierter Problemlösungskompetenz
- Entwicklung von personalen und Sozialkompetenzen
- Förderung der Bereitschaft zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung auf der Grundlage der erworbenen Kompetenzen
Die spezifischen, fachlichen Kompetenzen werden – etwas konkreter – folgendermaßen beschrieben:
„Das Bachelorstudium Psychologie befähigt gemäß den Anforderungen des Psychotherapeutengesetzes (§ 7 Absatz 3 PsychThG) insbesondere dazu
(1) Störungen mit Krankheitswert, bei denen psychotherapeutische Versorgung indiziert ist, festzustellen und entweder zu behandeln oder notwendige weitere Behandlungsmaßnahmen durch Dritte zu veranlassen,
(2) Auf der Basis von wissenschaftstheoretischen Grundlagen wissenschaftliche Arbeiten anzufertigen, zu bewerten und deren Ergebnisse in die eigene psychotherapeutische Tätigkeit zu integrieren,
(3) Berufsethische Prinzipien im psychotherapeutischen Handeln zu berücksichtigen,
(4) Aktiv und interdisziplinär mit den verschiedenen im Gesundheitssystem tätigen Berufsgruppen zu kommunizieren und patientenorientiert zu arbeiten.“
Natürlich macht das derzeit gültige Psychotherapeutengesetz sehr spezifische Vorgaben, an denen nicht gerüttelt werden sollte – zu lange haben wir auf ein derartiges Gesetz gewartet (siehe meinen Blogbeitrag von 09/2019 anlässlich dessen Verabschiedung im Deutschen Bundestag). Dennoch möchte ich mich für eine erneute Curriculumsreform aussprechen: Kritisches Denken ist in heutiger Zeit so wichtig wie schon lange nicht mehr! Zeit für die Grundlagenfächer, die dieses Denken schulen sollten! Anwendungsfächer legen ihren Schwerpunkt natürlich auf Anwendungen der Grundlagen-Erkenntnisse, stellen diese weniger in Frage.
Ob die DGPs-Kommission „Studium und Lehre“ sich dieser Herausforderungen annimmt? Man wird sehen.
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