Unter den vielen schönen Geschenken, die ich zum 70. Geburtstag erhalten habe, ist ein besonderes Kunstwerk: ein Oloid („Taumelstein“) aus honiggelbem Alabaster, angefertigt von meinem Freund Joachim Kirsch.
Ich hatte bis vor kurzem noch nicht einmal den Begriff gehört und musste erstmal bei Wikipedia nachschlagen (Stichwort Oloid). Dort kann man lesen:
„Das Oloid (auch Polysomatoloid genannt) ist ein geometrischer Körper, der 1929 vom Bildhauer und Maschinenbauer Paul Schatz zusammen mit dem umstülpbaren Würfel entdeckt wurde. Es kann definiert werden als die konvexe Hülle zweier gleich großer, sich senkrecht schneidender Kreise, deren Mittelpunkte einen Abstand zueinander haben, der gleich ihrem Radius ist. Es hat keine Ecken, zwei Kanten, nämlich je einen 240°-Bogen der beiden sich schneidenden Kreise, und ist ansonsten glatt. Es besitzt Eigenschaften, die es deutlich von anderen Körpern unterscheiden, und gilt als Plausibilitätshinweis für die von Schatz begründete Inversionskinematik.“
Und weiter:
„Das Oloid ist einer der wenigen bekannten Körper, die über ihre gesamte Oberfläche abrollen. Seine Oberfläche ist als Ganzes eine abwickelbare Fläche. Im Unterschied zum Kegel oder Zylinder lässt sich die komplette Oberfläche des Oloids (und nicht nur eine Mantelfläche) knickfrei aus einem einzelnen Stück Pappe herstellen. Setzt man es auf eine Schräge, so rollt es in einer taumelnden Bewegung hinunter, ohne dabei jemals über seine Kanten zu poltern. Bemerkenswert ist, dass die Oberfläche genau so groß ist wie die einer Kugel, die den gleichen Radius hat wie die beiden das Oloid erzeugenden Kreise. Der Winkel an den Mittelpunkten der Kanten beträgt 60°. Betrachtet man das Oloid senkrecht zu den beiden Kanten, so bilden die Konturen im Querschnitt exakt ein Quadrat, was bei handwerklich hergestellten Oloiden eine Qualitätseinschätzung möglich macht, da leichte Unsymmetrien schnell erkannt werden.“
Ein Teil also, das man in Bewegung setzen muss, um wichtige Eigenschaften zu erkennen (ein Objekt mit „Dispositions“-Eigenschaften) – sollte das eine Anspielung auf meine Person sein? Taumelnd auf einer geraden Linie bleiben? Wie auch immer: Danke, lieber Achim, für dieses ganz besondere Geschenk, das einen Ehrenplatz erhält!
4 Antworten
Der FAZ-Artikel von Olaf Müller gefällt mir! habe gerade sein tolles Buch gelesen: Müller, O. (2015). Mehr Licht. Goethe mit Newton im Streit um die Farben. S. Fischer.
– Völlig d’accord: es braucht beides! Ohne Empirie keine Schönheit!
Guter Punkt. Einigen wir uns auf Schönheit UND Empirie. https://www.amazon.de/-/en/Peter-Woit/dp/0099488647 – https://www.heise.de/hintergrund/Theorie-und-Schoenheit-4986377.html – https://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-mehr/aesthetik-in-der-naturwissenschaft-16181366.html
ja, Schönheit bringt es auf den Punkt – aber Achtung: das kann in die Irre führen! Siehe Hossenfelder, S. (2018). Lost in math: How beauty leads physics astray. Basic Books…
Faszinierend! So ein Oloid ist offenbar ein Bruder des keltischen Wackelsteins ( https://de.wikipedia.org/wiki/Keltischer_Wackelstein ), ein Nachbar des Rhombendodekaeders („Geobender“, https://www.youtube.com/watch?v=bG_MzSs9BfE ) und ein Freund des Gömböc ( https://www.experimentis.de/physikalisches_spielzeug/mechanisch-kinetisch/goemboec/ , https://gomboc.eu/en/ ). – „Das entscheidende Kriterium ist Schönheit; für hässliche Mathematik ist auf dieser Welt kein Platz“. – G.H. Hardy