Wieder mal ist ein Beitrag zum Thema „Kreativität“ von mir erschienen. Diesmal geht es um das Spannungsfeld zwischen Routine und Nicht-Routine. Man kann nicht permanent kreativ sein, es braucht Ruhephasen. Routinen stellen in meinen Augen derartige Entlastungen dar – ich brauche nicht viel darüber nachdenken, was ich morgens im Badezimmer mache… Da ist der Kopf frei für Anderes (vielleicht daher der Mythos von den kreativen Einfällen unter der Dusche?).
Aus der Einführung:
„Wie kommt Neues in die Welt? Was lässt eminente Leistungen entstehen? Was sind überhaupt eminente Leistungen? Und in welchem Spannungsverhältnis steht das Neue (die Nicht-Routine) zum Alten (der Routine)? Brauchen wir Routinen, um kreativ sein zu können? Als Psychologe, der sich mit dem Thema „Kreativität“ beschäftigt, kommen mir zunächst verschiedene Ordnungsaspekte zum Begriff der Kreativität in den Sinn, die ich nachfolgend kurz beschreiben möchte: (a) die kreative Person mit ihren Persönlichkeitsmerkmalen, (b) Eigenschaften des kreativen Prozesses, der das Hervorbringen von etwas Neuem charakterisiert, (c) Eigenschaften des kreativen Produkts, das vorgelegt wird, und (d) Merkmale des kreativen Milieus, das das Entstehen eminenter Leistungen begünstigt. Bevor auf die vier genannten Ordnungsaspekte näher eingegangen wird, soll zunächst der Begriff der „eminenten“ Leistung geklärt werden. Ganz offenkundig wird damit eine spezielle Leistung ausgezeichnet, die sich gegenüber „normalen“ Leistungen abhebt. Doch was könnte das sein?“
Ich bin im Zuge meiner Recherchen auf einen Text des Soziologen Niklas Luhmann aus dem Jahr 1971 gestossen (ja, ich lese auch alte Texte, sogar von Soziologen!), betitelt Lob der Routine, in dem er deutlich macht, dass z.B. Routinen im Verwaltungshandeln durch festgelegte Entscheidungsprozeduren Willkürurteile verhindern und damit demokratiesichernde Strukturen sind. Wenn es also für das Überschreiten einer roten Ampel eine Strafe gibt, dann kann es keine Ausnahme für mich (oder für den König) geben – das wäre Kreativität an der falschen Stelle, das wäre Willkür.
Quelle: Funke, J. (2023). Kreativität im Spannungsfeld zwischen Routine und Nicht-Routine: Zum Entstehen eminenter Leistungen aus psychologischer Sicht. In F. Hutmacher & R. Mayrhofer (Hrsg.), Errungenschaften: Historische und psychologische Perspektiven auf eminente Leistungen (=Die Psychogenese der Menschheit Bd. X, S. 135–145). Pabst Science Publishers. (als PDF hier)
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