Studium Generale: Aggression

Als junger Student habe ich gerne Vorlesungen aus dem sogenannten „Studium Generale“ besucht. Das Studium Generale ist eine interdisziplinäre Veranstaltungsreihe an fast jeder Universität, die sich an alle Mitglieder und an die interessierte Öffentlichkeit wendet. Die Vorträge stehen unter einem gemeinsamen Thema, das von Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen aus der Sicht ihrer Disziplin behandelt wird.

Auch an unserer Heidelberger Universität haben wir eine derartige Veranstaltungsreihe. Daher war ich erfreut, als mich der damalige Prorektor Oscar Loureda anfragte, ob ich den Eröffnungsvortrag zur Veranstaltungsreihe „Aggression“ halten möchte. Natürlich habe ich zugesagt.

Nun liegt die Verschriftlichung vieler damaliger Vorträge vor, die ich im Auftrag des Rektorats herausgeben durfte und die nun erschienen sind. Im Wintersemester 2017/2018 lautete das Thema „Aggression“ und umfasste das folgende Programm (in chronologischer Folge), das jeweils montags abends in der Aula der Neuen Universität zu hören war:

  • Aggression in (sozialen) Medien (Prof. Dr. Joachim Funke, Psychologisches Institut, Universität Heidelberg)
  • Kultur in Zeiten des Krieges: Zerstörung und Rehabilitierung von Kulturgut im Rahmen bewaffneter Konflikte (Prof. Dr. Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin)
  • Neurobiologie der Aggression (Prof. Dr. Thomas Kuner, Institut für Anatomie und Zellbiologie, Universität Heidelberg)
  • Gewalt in der Natur (Prof. Dr. Michael Wink, Institut für Pharmazie & Molekulare Biotechnologie, Universität Heidelberg)
  • Aggression im Geschlechterverhältnis (Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm, Institut für Psychologie, Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Podiumsdiskussion: Aggression gegen Wissenschaft (mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Bundesministerin der Justiz; Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Cluster of Excellence “Normative Orders”, Universität Frankfurt; Prof. Dr. Ekkehard Felder, Germanistisches Seminar, Universität Heidelberg; Moderation: Jörg Armbrüster, SWR)
  • Gewaltkriminalität – die dunkle Seite der Aggression (Prof. Dr. Dieter Hermann, Institut für Kriminologie, Universität Heidelberg)
  • Aggression im Straßenverkehr (Dr. Martin Treiber, Institut für Wirtschaft und Verkehr, Technische Universität Dresden)
  • Aggression und Medizin (Prof. Dr. Till Bärnighausen, Institute of Public Health, Universitätsklinikum Heidelberg)

Die fett markierten Namen bezeichnen die Autorinnen und Autoiren, die ihren Beitrag schriftlich vorgelegt haben und in dem jetzt bei „Heidelberg University Publishing“ erschienenen Band nachzulesen sind. Hier eine kurze Beschreibung der Beiträge.

  • Andrea Abele-Brehm beleuchtet als Sozialpsychologin die Bedeutung von Aggression in Paarbeziehungen. Neben Überlegungen zur Messung der Aggression geht es auch um den Einfluss von Geschlechterstereotypen sowie Möglichkeiten der Reduktion von Gewalt in Beziehungen.
  • Dieter Hermann berichtet als Kriminologe von Studien zur Aggression, die am Heidelberger Institut für Kriminologie durchgeführt wurden und in denen die Rolle geschlechtsspezifischer Entwicklungsprozesse ebenso beleuchtet wird wie der Einfluss von Normen und religiösen Werten.
  • Martin Treiber beschäftigt sich als Verkehrsmodellierer mit der Aggression im automobilen Straßenverkehr. Basierend auf mathematischer Modellierung des Fahrverhaltens kommt er zu dem Schluss, dass eine gewisse Aggressivität die Leistungsfähigkeit des Verkehrsflusses erhöht.
  • Michael Wink repräsentiert den Blick der Biologie auf Gewalt zwischen den Arten (bei der Suche nach Beute), aber auch innerhalb einer Art beim Kampf um Ressourcen wie Nahrung, Territorium oder Sex. Neben Gewalt und Aggression stellt der Autor aber auch die Bedeutung von Empathie und Altruismus heraus, die für einen deutlichen Rückgang an Gewalt in der modernen Zivilisation verantwortlich sein könnten.
  • Ich selbst betrachte in meinem Beitrag Aggression im Kontext sozialer Medien, wo neue Phänomene wie „Shitstorm“ oder „Cybermobbing“ auftauchen und damit alte Formen von Gewalt in neue Medien hineintragen. Neben der Darstellung einiger Beispiele geht es auch um die Frage, wie man sich schützen und wehren kann.

Der Band ist – wie alle HeiUP-Bücher – kostenlos aus dem Netz als PDF zu laden („open access“), aber gegen ein kleines Entgelt (14.90 €) auch als gedrucktes Exemplar im Buchhandel erhältlich. Hier die genaue Quellenangabe samt Link zum Download:

Funke, J. (Hrsg.) (2020). Aggression. Studium Generale. Heidelberg: Heidelberg University Publishing. doi: 10.17885/heiup.studg.2020.1

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