Fahrradunfall Zwei

Vor fast genau 10 Jahren (am 3.6.2009) habe ich hier über meinen damaligen Fahrradunfall an der Ernst-Walz-Brücke geschrieben. Nun muss ich über einen weiteren Arbeitsunfall berichten, der mir am Montagmorgen 7.1.19 passierte: Auf dem Weg von meinem Heim in Handschuhsheim zur Vorlesung im Institut bin ich am beampelten Fussgängerüberweg Ecke Blumenthalstr./Steubenstr. gegen 8:30 auf regennasser Fahrbahn und bei niedriger Geschwindigkeit auf die glatten Schienen (nicht in die Schienen) gekommen, gerutscht und auf meine rechte Seite gestürzt. Beim Versuch, wieder aufzustehen und das Rad von der Fahrbahn zu bringen, bin ich erneut gestürzt, weil das rechte Bein nicht mitmachen wollte. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste: Der rechte Oberschenkelhals war gebrochen, nichts ging mehr. Zwei nette Ersthelfer brachten mich und mein Fahrrad in Sicherheit (Danke! Das war sehr hilfreich!), ein Krankenwagen wurde gerufen, die Notärztin prüfte meinen Kopf (auf den ich ebenfalls gefallen war) und meinen Hals. Sie meinte lapidar, da müsse was an der Hüfte geknackst sein, aber der Kopf sähe ok aus. Ich wurde auf eine Trage gelegt, in die Weststadt zum St. Josefskrankenhaus in die Notaufnahme gefahren und geröntgt: Das Bild zeigte den Bruch, der sich auch schmerzmäßig spürbar zu Wort meldete. Jeder Millimeter Bewegung des Beines brachte mich zum Grummeln…

Einweisung auf Station 2 Süd, starke Schmerzmittel (danke, liebe Pharmaindustrie, für die SO wirkungsvollen Mittel! Ein Traum!), Hüft-TEP-OP (TEP=Total-Endo-Prothese) durch Dr. Thomas Kiesel am Dienstag morgen in Teilnarkose (vom Rücken abwärts kaltgestellt) – und seitdem bin ich stolzer Besitzer eines nicht-zementierten Implantats (und einer langen Schnittnarbe), das mich wieder gehen läßt und mindestens 15-20 Jahre halten soll. Erste Schritte mit einer „Bock“ genannten Gehhilfe und mit Krücken habe ich noch im Krankenhaus erfolgreich absolviert, eine längere stationäre Reha (Physiotherapie) in einer Klinik in Bad Schönborn wird folgen. Für 2-3 Monate wurde ich von den Ärzten als „dienstunfähig“ eingestuft.

Ich hatte mir die letzten Monate meiner aktiven Dienstzeit (vor Beginn meiner Seniorprofessur am 1.4.19) anders vorgestellt…

Zum zweiten Mal hat mir mein Sturzhelm, der beim Aufprall gebrochen ist und mir eine Schwellung am Kopf links oben zurückließ, das Leben gerettet: zumindest das geistige Leben kann weitergehen wie bisher, ohne Helm hätte ich das hier vermutlich nicht mehr schreiben können.

Dass ich eine Welle der Anteilnahme erhalten habe, hat gut getan! Danke an alle, die mir in ganz verschiedener Weise ihre Anteilnahme ausgedrückt haben!

Viele Termine mussten abgesagt werden, Pläne für die nähere und weitere Zukunft erst mal auf Eis gelegt werden. Mal sehen, wie es weiter geht! Wie heisst es bei Bertolt Brecht: „Ja mach nur einen Plan, …“ Ich werde nicht aufhören, Pläne zu machen!

Update 9.2.2019: Nach drei Wochen in der Sigmund-Weil-Klinik Bad Schönborn (ca. 30 km südlich von Heidelberg) habe ich große Fortschritte gemacht: Ohne Krücken kann ich schon wieder kleinere Strecken laufen, auch Treppensteigen gelingt wieder. Der Muskelaufbau schreitet voran, aber ist bei weitem nicht abgeschlossen. Nach meiner Rückkehr nach Hause muss ich noch ein halbes Jahr trainieren und Übungen machen. Was noch nicht geht: Bücken. Das Anziehen von Schuhen und Strümpfen am operierten Bein geht nur mit sozialer oder Werkzeughilfe (Greifzange, extra langer Schuhlöffel, Strumpfanzieh-Hilfe).

Die Vorstellung, in der Reha zum Arbeiten zu kommen, war eine Täuschung. Es war kein Kur-Aufenthalt, sondern ein Trainingslager. Zum einen herrschte anfangs noch eine große Grundmüdigkeit (Anämie: allein bei der OP Blutverlust von 1.5 Litern; dazu die anfänglich notwendigen Schmerz- und anderweitig verabreichten Medikamente wie Thromboseschutz etc.), daneben ist das Muskeltraining einfach anstrengend gewesen! Ich habe Muskelgruppen kennengelernt, von deren Existenz ich bisher nichts wusste… So langsam kommen auch Konzentration und Kraft wieder zurück. Nun beginnt die Phase des ambulanten Trainings.

Bewegung, Ernährung, Entspannung: Drei wichtige Konzepte, deren Bedeutung sich neu erschliesst! Lebensstil-Anpassungen sind nötig – nicht radikal, sondern sanft! In einem halben Jahr soll ich wieder laufen können wie zuvor! Im Moment sieht alles danach aus, dass diese Prophezeiung eintreten könnte….

Update 26.2.19: Inzwischen habe ich wieder meine Arbeit aufgenommen und laufe täglich zu Fuß von Handschuhsheim zum Institut, ca. 35 Minuten. Ein gutes Training – neben Physiotherapie und Krankengymnastik, die im Hintergrund ebenfalls stattfinden. Meinem Schrittzähler zufolge bin ich mit der neuen Hüfte schon weit über 100.000 Schritte gelaufen. Bücken geht wieder, der Ein-Bein-Stand rechts wackelt noch… Das neu eingebaute Ersatzteil macht sich gut, wir werden Freunde (ich merke übrigens keinen Unterschied zwischer alter und neuer Hüfte). Es läuft (wieder)!

Update 27.3.19: 3x die Woche Training – und noch immer sind die Muskeln im operierten Bein unterentwickelt. Ich bleibe dran und fahre auch schon wieder (vorsichtig) Fahrrad! Es ist ein Damenrad mit niedrigem Einstieg, weil ich mein operiertes Bein noch nicht wieder so lässig in die Höhe schwingen kann wie zuvor…

Update 17.5.19: Inzwischen bin (laut meinem Schrittzähler) ca. 1 Mio Schritte mit der neuen Hüfte gelaufen – sie ist gut „eingelaufen“ und leistet beste Dienste! Auch die Muskeln kommen so langsam wieder zu ihrer alten Form zurück. Nächste Woche steht eine Harzwanderung auf dem Programm (auf den Spuren eines alten Düsseldorfers).

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