Meine Kollegin Birgit Spinath ist auf dem gerade abgelaufenen 51. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Frankfurt (nicht ganz überraschend!) für die kommenden zwei Jahre zur Präsidentin unserer Gesellschaft gewählt worden! Nicht ganz überraschend deswegen, weil wir sie bereits auf dem 50. Kongreß in Leipzig als „president elect“ gewählt hatten (siehe meinen damaligen Blogeintrag) und sie sich die letzten beiden Jahre unter der Präsidentschaft von Conny Antoni (der jetzt „past president“ heisst) bereits auf ihr Amt vorbereiten konnte.
In ihre Amtszeit als Präsidentin wird wohl die Umsetzung des reformierten Psychotherapeutengesetzes fallen. Das hat Konsequenzen auf der Ebene von Studienordnungen, aber auch auf personeller und struktureller Ebene. Da entsteht eine Menge Klärungsbedarf und verschiebt die bisherigen Gewichtungen der verschiedenen Anwendungsfächer, aber auch die Gewichtungen der bisherigen Studienmodule im Bachelor und Master in Richtung auf mehr Klinische Psychologie. Am Ende des fünfjährigen Studiums soll dann ja die Approbation stehen. Genaueres zur Position der DGPs in Sachen Psychotherapiereform findet man hier.
In Ihrem ersten Statement als Präsidentin, in dem sie ihrer Freude über das Amt und ihrer emotionalen Beziehung zur Psychologie Ausdruck verlieh, machte Birgit Spinath deutlich, dass sie der Qualitätssicherung der Lehre besondere Aufmerksamkeit schenken will (in einem zurückliegenden Blogeintrag habe ich darüber schon geschrieben). Eine ihrer ersten Aktivitäten als neu berufene Präsidentin bestand darin, auf dem Gesellschaftsabend des Kongresses zu späterer Stunde als DJane „MissEd“ aufzulegen (über ihren DJane-Auftritt auf der GEBF-Tagung 2017 habe ich in diesem Blog früher berichtet). Es wurde ordentlich getanzt…
Insgesamt hinterläßt der Frankfurter Kongress bei mir nur beste Eindrücke: Wir hatten Glück mit dem herbstlichen Sommereinbruch und konnten den herrlichen Campus der Frankfurter Uni geniessen. Dazu ein vielfältiges Programmangebot, tolle Keynotes und viele Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen, die ich zum Teil schon lange nicht mehr gesehen hatte. Zahlreiche Preise wurden verliehen, darunter die Ehrung für das Wissenschaftliche Lebenswerk für Sabine Sonnentag (Universität Mannheim) und Reinhard Pekrun (LMU München), der Preis für Wissenschaftspublizistik geht an Gert Scobel, der Martin-Irle-Preis für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses geht an Manfred Schmitt (Universität Landau; die komplette Liste der Preisträger 2018 findet man hier). Über das von Wolfgang Schoppek und mir organisierte Symposium zu Ehren von Dietrich Dörners 80. Geburtstag wird noch zu bloggen sein…
Auf der Mitgliederversammlung der DGPs wurden zahlreiche Satzungsänderungen vorbereitet (genauer gesagt: es wurde beschlossen, über diese Satzungsänderungen online abzustimmen, da das Quorum von 20% der Mitglieder in der Frankfurter Mitgliederversammlung nicht erreicht wurde). Neben vielen technischen Änderungen gibt es eine fundamentale inhaltliche Änderung, die unseren Verein von einer rein akademisch geprägten Fachgesellschaft mit wissenschaftlichem Fokus hin zu gesellschaftlicher Verantwortung bringt:
In §2 der Satzung („Ziele“) soll es demnächst heissen (neue Teile kursiv): „Die DGPs erstrebt die Förderung, Verbreitung und Anwendung der wissenschaftlichen Psychologie zum Wohle der Menschen und der Gesellschaft.“ Natürlich ist diese Spezifikation der Zielsetzung zu begrüßen – macht aber zugleich deutlich, dass wir nachdenken müssen, was das bedeutet: „Wohl der Menschen und der Gesellschaft“. Da kommen spannende Diskussionen auf uns zu! Ein Beispiel: Sind subtil-manipulative werbepsychologischen Massnahmen zum Wohl der Menschen? Oder nur zum Wohl spezieller Menschen? Es kommen Werte ins Spiel! Hierzu bedarf es m.E. einer guten Ethik-Ausbildung, will man bei derartigen Fragen nicht über kurz oder lang in Streitigkeiten enden. Solche Diskussionen helfen uns bestimmt, die Zielsetzungen unseres Faches schärfer in den Fokus zu rücken. Was ist die Aufgabe der Psychologie in der modernen Gesellschaft? Können wir uns vom Reparaturbetrieb für kranke Seelen zur Emanzipationshilfe aufgeklärter Individuen entwickeln?
Ich freue mich auf die kommenden zwei Jahre unter der neuen Präsidentin und bin sicher, dass hier einiges bewegt vwerden wird! Und übrigens: Der nächste Kongreß wird im September 2020 in Wien stattfinden, organisiert von Ulrich Ansorge und seinem Team. Wir freuen uns schon darauf!
Hier geht es zur Pressemitteilung der DGPs
siehe auch meinen früheren Blog-Beitrag von September 2016: Neue DGPs Präsidentin-elect: Birgit Spinath