CHE Ranking Psychologie 2016

Alle Jahre wieder wird ein Blick auf die aktuellen Hochschulrankings fällig. Gerade ist das neue CHE Psychologie-Ranking 2016 von der ZEIT veröffentlicht worden (Link). Grundlage des Rankings ist eine umfassende Datentabelle. Dazu heisst es: „Im CHE Hochschulranking findet man für jede Hochschule bis zu 37 unterschiedliche Bewertungskriterien – auch Indikatoren genannt.“ Diese Indikatoren werden zu acht großen Bereichen zusammengefasst: (1) Arbeitsmarkt- und Berufsbezug, (2) Ausstattung, (3) Forschung, (4) Internationale Ausrichtung, (5) Studienergebnis, (6) Studienort und Hochschule, (7) Studierende, (8) Studium und Lehre.

59 Institute (darunter einige private Hochschulen) aus Deutschland sind auf den verschiedenen Kriterien in eine von drei Kategorien (Spitzen-, Mittel- bzw. Schlussgruppe) eingeordnet worden. Bei den vier Standard-Kriterien (Studiensituation insgesamt, Betreuung durch Lehrende, Forschungsgelder pro Wissenschaftler [T€], Veröffentlichungen pro Wissenschaftler) hat kein Institut 4 x Spitze erreicht, aber unser Heidelberger PI führt das gesamte Feld an zusammen mit 5 weiteren Instituten (Uni Bamberg, TU Dresden, Uni Greifswald, Uni Mannheim, Uni Marburg, Uni Osnabrück) mit jeweils 3x Spitzengruppe und 1x Mittelgruppe (hier das Heidelberger Ergebnis in der Übersicht).

Haben diese Rankings irgend etwas zu bedeuten? Ja und nein. Ja, Rankings sind aussagekräftig, denn sie sagen anhand von objektiven und subjektiven Daten etwas über die verglichenen Institute aus. Selbst wenn man seine eigenen Indikatoren kennt (ich gestehe, dass ich nicht alle kannte), sagen die absoluten Werte zunächst nichts. Ich sehe z.B., dass wir in Heidelberg 1.9 Dissertationen pro Professor und Jahr (errechnet über ein Drei-Jahres-Zeitfenster; der genannte Wert wird zur Spitzengruppe gerechnet) – ist das viel oder wenig? In Kiel sind es 0.7 (Mittelgruppe), in Eichstätt 0.5 (Schlussgruppe). Im Vergleich mit anderen merkt man plötzlich, dass es doch erhebliche Unterschiede gibt, und im Detail finden wir auch für uns in Heidelberg verbesserungsbedürftige Bereiche wie z.B. Räume, Prüfungen, Studieneinstieg.

Nein, Rankings sind aussagekräftig, denn es könnten weitere Kriterien benannt werden, auf denen ein Institut besonders gut wegkommt und die nicht so einfach quantifizierbar sind (z.B. ob die Absolventen zu Toleranz, Mut und Engagement in ihrem Fach angeregt wurde; ob sie Gutes für die Gesellschaft leisten oder nicht – wenn sie etwa gelernt haben, keine neuen Foltertechniken zu entwickeln). Und selbst bei den vorhandenen Kriterien kann man sich über die Bewertung streiten: Ist die pure Anzahl (Spitzenreiter HU Berlin mit 7.1 Publikationen pro Wissenschaftler versus Schlusslicht Eichstätt mit 1.0 Publikationen pro Wissenschaftler) tatsächlich ausschlaggebend? Wir wissen alle, dass es bessere und schlechtere Publikationen gibt. Angenommen, Eichstätter Kolleginnen und Kollegen produzierten Spitzenartikel, die Kolleginnen und Kollegen der HU Berlin dagegen nur Durchschnittsartikel (was kaum zu glauben ist): was sagen die Zahlen dann? An einem 200seitigen Fachbuch arbeite ich normalerweise länger als an einem fünfseitigen Zeitschriftenartikel. Was hat mehr Gewicht? John Ridley Stroop hat überhaupt nur 3 Psychologie-Paper (in den 1920er Jahren) geschrieben – aber der Stroop-Effekt ist bis heute in aller Munde. Manchmal ist 1 spektakuläres Paper mehr wert als 100 Paper, die im Rauschen der Wissenschaft untergehen (wir wissen, dass die allermeisten Veröffentlichungen das Schicksal erleiden, schon nach wenigen Jahren gar nicht mehr zitiert zu werden).

Also: Rankings sind interessant zu lesen, aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich freue mich über das gute Abschneiden unseres Instituts (es bestätigt mein Vor-Urteil :-), aber ich würde mich deswegen nicht über andere Institute erheben wollen, die nicht so gut abschneiden. Alles steht und fällt mit den Kriterien. Gut, dass diesmal so eine breite Auswahl zur Verfügung gestellt wird. Da ist für jeden was drin.

Und last but not least: Natürlich schauen wir auch mal, was andere Fächer an unserer Uni in den Rankings erzielen! Ausgerechnet Biologie und Chemie, die 2016 neu gerankt wurden, kommen nicht so gut weg – dabei fliessen dort wesentlich mehr Mittel hinein als in die Psychologie 🙂 Vielleicht sollten wir einen Bonus vom Rektorat dafür bekommen, dass wenigstens wir Psychologen die Flagge der Spitzengruppe hochhalten?

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