Institut wird Einkaufszentrum?

Beim morgendlichen Studium der Lokalzeitung blieb mir neulich das Brötchen im Hals stecken: Auf der Suche nach einem Standort für ein neues Einkaufszentrum im Herzen der Altstadt wurden in der RNZ vom 17.10.07 fünf potentielle Standorte genannt, darunter der Anatomiegarten (also unser Institutsgelände). Auf dem Lageplan („1a-Lage“) wird vom Plan eines hochwertigen Anatomiegarten-Kaufhaus mit bis zu 6000qm Verkaufsfläche berichtet…

Was dem ganzen den Deckel aufsetzt, ist folgender Text:

„Anatomiegartenkaufhaus: Direkt hinter dem Bunsendenkmal in der Hauptstraße liegt die ehemalige und denkmalgeschützte Anatomie. Heute lehren und forschen dort die Psychologen der Universität. Laut Stadtverwaltung könnte dort ein hochwertiges Kaufhaus mit bis zu 6000 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen. Vorteil wäre die günstige Anbindung an den Neckarstaden. Laut Baubürgermeister Raban von der Malsburg ist die Uni grundsätzlich bereit, unter Berücksichtigung ihrer Interessen an andere Standorte zu wechseln. Nach seinen Angaben gibt es einen Interessenten, der ein Konzept mit 15 000 Quadratmetern Verkaufsfläche vorgelegt hat.“

Das ist ja nicht zu fassen! Da signalisiert die Uni der Stadt gegenüber Bereitschaft uns umzutopfen, und wir wissen nichts davon! Als ob es nicht gute Gründe dafür geben könnte, die Psychologie stadtnah zu behalten! Die regelmäßige Untersuchung von Säuglingen, die zahlreichen freiwilligen Versuchspersonen von der Hauptstrasse, die Krankenversorgung in unserer Ambulanz, die intensive Erziehungsberatung im Hintergebäude: all das lebt von der guten Erreichbarkeit des Instituts. Dass hier zudem zahlreiche Laborräume aufwändig ausgestattet sind und dass im gesamten Gebäudekomplex eine kostspielige Infrastruktur für Forschung und Lehre installiert ist, wird offensichtlich ebenso wenig gesehen wie die Tatsache, dass die Unterrichtsräume (darunter 2 große Hörsäle, HS 1 und HS 2) für unsere 500 Hauptfach- und 750 Nebenfachstudierende nicht einfach kompensiert werden können. Das Kollegiengebäude und die Heuscheuer kommen als Ausweichorte für unsere Lehre wohl kaum in Frage, da sie schon jetzt überlastet sind.

Was ist das für eine Stadtverwaltung, die Universitätseinrichtungen aus der Stadt herausdrängen und durch Verkaufsflächen ersetzen will? Sieht so die Kooperation von Stadt und Universität aus? Müssen Lehre und Forschung dem Kommerz weichen? Als hätten wir auf der Hauptstrasse damit noch nicht genug schlechte Erfahrungen gesammelt…

Ich kann nur hoffen, dass diese Pläne sich als Luftschlösser erweisen! Nicht nur bei uns im Institut würde wohl Widerstand organisiert werden, wenn der Anatomiegarten plötzlich zu einem Kommerzgarten mutieren sollte! Übrigens: Der Gemeinderat soll schon auf seiner Sitzung am 15.11.07 über Standorte Vorentscheidungen treffen! Mal sehen, in welche Richtung dieser Hase läuft!

Hier als PDF der RNZ Artikel 17.10.07 zum Anatomiegarten.

Nachtrag vom 23.10.07 aus einer Rundmail der Geschäftsführenden Direktorin, Prof. Sabina Pauen: „Das Sekretariat unseres neuen Rektors hat uns anfangs der Woche telefonisch darüber informiert, dass die Universität in keinster Weise an dem Verkauf unseres Institutsgebäudes, an wen auch immer, interessiert ist. Es gibt auch keine konkrete Pläne oder Anfragen seitens der Stadt Heidelberg.“

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