Erinnerungen an Carl-Friedrich Graumann (1923-2007)

Carl-Friedrich Graumann 2004Am 8.8.2007, ist Carl-Friedrich Graumann, Emeritus am Psychologischen Institut, im Alter von 84 Jahren gestorben. Für die, die ihm nahe standen, waren die letzten Wochen sicher schwer zu ertragen, seine Krebserkrankung hat ihn am Ende doch sehr gezeichnet. Wie gerne hätten wir uns gewünscht, dass er die von ihm aktiv betriebenen Projekte noch hätte zu Ende führen können!

Wir trauern um eine Forscherpersönlichkeit, der das Psychologische Institut viel zu verdanken hat und die im Fach Psychologie insgesamt, aber auch hier vor Ort in Heidelberg großen Einfluss gehabt hat. Seine späten Aufsätze zur Person-Umwelt-Interaktion, die von einem phänomenologischen Grundverständnis getragen waren, haben mich sehr beeindruckt. Aber auch schon sein Sammelreferat von 1956 über „Social Perception“ (in der „Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie“) fand ich als junger Student aufschlussreich, weil es die soziale Dimension des Wahrnehmungsprozesses heraushob – ein Prozess, der für viele andere Forscher allein psychophysiologisch zu verstehen war.

Dass sein 1965 herausgegebener Reader „Denken“ für mich als junger Problemlöseforscher natürlich eine Fundgrube darstellte, brauche ich eigentlich nicht erwähnen. Seine Bestimmungsstücke des Denkens haben in allen meinen Arbeiten Eingang gefunden und werden von mir an nachfolgende Generationen weitergegeben. Dass heute das Forschungsfeld „Embodiment“ zu einem Modethema geworden ist, hätte CFG nur schmunzeln lassen, ist doch die Leiblichkeit für den Phänomenologen immer schon ein wichtiger, von der kognitiven Psychologie mit ihrer Konzentration auf das Gehirn lange übersehener Aspekt menschlicher Informationsverarbeitung.

Mein früherer Chef, Jürgen Bredenkamp, war in den 1960er Jahren Assistent bei CFG in Heidelberg. Daher hatte ich schon einiges von ihm gehört, ehe wir uns 1997 persönlich begegneten, nachdem ich den Ruf nach Heidelberg angenommen hatte. CFG war zu dieser Zeit schon Emeritus (seit 1991) und nutzte seinen Ruhestand zum Schreiben. Das Interesse an der Geschichte unseres Faches hat uns immer wieder zusammengebracht, zuletzt anlässlich der Dissertation von Susanne Guski-Leinwand, deren Arbeit er zwar noch mit mir betreut hat, die er aber nicht mehr begutachten konnte. Auch in der Alumni-Arbeit hat er uns immer wieder unterstützt – er war von der ersten Stunde an Mitglied bei den Alumni Psychologici!

Die Gespräche mit ihm werde ich vermissen – seine scharfzüngigen Kommentare zur Lage unseres Faches oder zu geschichtlichen Vorgängen habe ich genossen. All das wird uns jetzt fehlen. Die Erinnerung daran wird bleiben, ebenso wie seine Werke.

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