Der Weltklimarat (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) legte am 9.8.2021 seinen inzwischen sechsten Report (Sixth Assessment Report, AR6) zur Lage des Klimas vor. Das IPCC ist nicht irgendein Gremium. Es ist das weltweit akzeptierte Gremium aus führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die den aktuellen Sachstand nachvollziehbar beschreiben und sorgfältig bewerten (mehr zum Hintergrund des IPCC hier im Kurzportrait). Wie schon in früheren Reports wird auch diesmal wieder Klartext gesprochen: Es ist höchste Zeit für tiefgreifende Massnahmen! Es wird schlimmer, aber die Situation ist nicht hoffnungslos.
Die kompakte „Summary for policymaker“ lautet auf Deutsch so:
„Kernaussagen aus der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger
9. August 2021 (vorbehaltlich der Endredaktion)A. Der aktuelle Zustand des Klimas
A.1 Es ist unbestritten, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, die Ozeane und das Land erwärmt hat. Weitreichende und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, den Ozeanen, der Kryosphäre und der Biosphäre sind eingetreten.
A.2 Das Ausmaß der jüngsten Veränderungen im gesamten Klimasystem und der gegenwärtige Zustand vieler Aspekte des Klimasystems sind über viele Jahrhunderte bis Jahrtausende hinweg beispiellos.
A.3 Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Erde aus. Die Beweise für die beobachteten Veränderungen bei Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen und insbesondere für deren Zurückführung auf den menschlichen Einfluss haben sich seit dem Fünften Sachstandsbericht (AR5) verstärkt.
A.4 Verbesserte Kenntnisse über Klimaprozesse, paläoklimatische Belege und die Reaktion des Klimasystems auf zunehmenden Strahlungsantrieb führen zu einer besten Schätzung der Gleichgewichts-Klimasensitivität von 3°C, wobei die Spanne im Vergleich zum AR5 enger ist.
B. Mögliche Klimazukunft
B.1 Die globale Oberflächentemperatur wird unter allen betrachteten Emissionsszenarien mindestens bis zur Mitte des Jahrhunderts weiter ansteigen. Eine globale Erwärmung von 1,5°C und 2°C wird im Laufe des 21. Jahrhunderts überschritten werden, wenn es in den kommenden Jahrzehnten nicht zu einer tiefgreifenden Verringerung der Kohlendioxid- (CO2) und anderer Treibhausgasemissionen kommt.
B.2 Viele Veränderungen im Klimasystem werden in direktem Zusammenhang mit der zunehmenden globalen Erwärmung größer. Dazu gehören die Zunahme der Häufigkeit und Intensität extremer Hitzeperioden, mariner Hitzewellen und starker Niederschläge, landwirtschaftliche und ökologische Dürreperioden in einigen Regionen und der Anteil intensiver tropischer Wirbelstürme sowie der Rückgang des arktischen Meereises, der Schneebedeckung und des Permafrostes.
B.3 Eine fortgesetzte globale Erwärmung wird den Projektionen zufolge den globalen Wasserkreislauf weiter intensivieren, einschließlich seiner Variabilität, der globalen Monsun-Niederschläge und der Schwere von Regen- und Trockenperioden.
B.4 In Szenarien mit steigenden CO2-Emissionen werden die Kohlenstoffsenken in den Ozeanen und an Land voraussichtlich weniger wirksam sein, um die Anreicherung von CO2 in der Atmosphäre zu verlangsamen.
B.5 Viele Veränderungen, die auf vergangene und künftige Treibhausgasemissionen zurückzuführen sind, sind über Jahrhunderte bis Jahrtausende unumkehrbar, insbesondere Veränderungen der Ozeane, der Eisschilde und des globalen Meeresspiegels.
C. Klimainformationen für Risikobewertung und regionale Anpassung
C.1 Natürliche Triebkräfte und interne Variabilität werden die vom Menschen verursachten Veränderungen modulieren, insbesondere auf regionaler Ebene und in naher Zukunft, mit geringen Auswirkungen auf die hundertjährige globale Erwärmung. Diese Modulationen müssen bei der Planung des gesamten Spektrums möglicher Veränderungen berücksichtigt werden.
C.2 Bei einer weiteren globalen Erwärmung wird jede Region voraussichtlich zunehmend gleichzeitige und mehrfache Veränderungen der klimatischen Einflussfaktoren erfahren. Veränderungen bei mehreren klimatischen Einflussfaktoren wären bei 2°C im Vergleich zu 1,5°C globaler Erwärmung weiter verbreitet und bei höheren Erwärmungsgraden noch weiter verbreitet und/oder ausgeprägter.
C.3 Ergebnisse mit geringer Wahrscheinlichkeit, wie z.B. der Zusammenbruch von Eisschilden, abrupte Veränderungen der Ozeanzirkulation, einige zusammengesetzte Extremereignisse und eine Erwärmung, die deutlich über die als sehr wahrscheinlich eingeschätzte Bandbreite der künftigen Erwärmung hinausgeht, können nicht ausgeschlossen werden und sind Teil der Risikobewertung.
D. Begrenzung des künftigen Klimawandels
D.1 Aus physikalisch-wissenschaftlicher Sicht erfordert die Begrenzung der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung auf ein bestimmtes Niveau eine Begrenzung der kumulativen CO2-Emissionen, wobei mindestens ein Netto-Nullpunkt an CO2-Emissionen erreicht werden muss, zusammen mit einer starken Verringerung anderer Treibhausgasemissionen. Eine starke, rasche und anhaltende Verringerung der CH4-Emissionen würde auch den Erwärmungseffekt begrenzen, der sich aus der abnehmenden Aerosolverschmutzung ergibt, und die Luftqualität verbessern.
D.2 Szenarien mit niedrigen oder sehr niedrigen Treibhausgasemissionen (SSP1-1.9 und SSP1-2.6) führen im Vergleich zu Szenarien mit hohen oder sehr hohen Treibhausgasemissionen (SSP3-7.0 oder SSP5-8.5) innerhalb weniger Jahre zu erkennbaren Auswirkungen auf die Treibhausgas- und Aerosolkonzentrationen und die Luftqualität. Bei diesen gegensätzlichen Szenarien würden sich innerhalb von etwa 20 Jahren erkennbare Unterschiede in den Trends der globalen Oberflächentemperatur von der natürlichen Variabilität abzeichnen, bei vielen anderen klimatischen Einflussfaktoren sogar über längere Zeiträume (hohes Vertrauen).“
Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
Verhaltensänderungen sind notwendig – ein Lieblingsthema der Psychologie, vor allem im klinischen Bereich. Wir brauchen jetzt massive „Therapien“ bei den Gesunden (und bei einigen Politikern)… Reden und bloßes Ankündigen von Massnahmen reichen nicht mehr aus, wenn wir nicht unerträgliche Lebensverhältnisse für nachkommende Generationen in Kauf nehmen wollen – es müssen Taten her! Die „große Transformation“ ist eine immense Herausforderung, aber mit der Bereitschaft vieler „Williger“ durchaus machbar. Wir in der westlichen Welt haben uns auf diesem Planeten komfortabel eingerichtet – nun werden wir uns aus der Komfortzone herausbewegen müssen. Das ist nicht angenehm aber wohl notwendig. Die Folgen unseres gegenwärtigen Lebensstils (Stichwort „ökologischer Fussabdruck„; siehe auch meinen Blog-Beitrag „virtuelles Wasser„) zerstören die Lebensgrundlage für Mensch, Tier und Pflanze. Einen umfassenden Überblick über die überwiegend negativen Konsequenzen des Klimawandels getrennt nach Regionen und Sphären gibt ISIpedia.
In einem neuen Buch (sehr empfehlenswert: Bernhard Kegel (2021). Die Natur der Zukunft. Tier- und Pflanzenwelt in Zeiten des Klimawandels. DuMont) lese ich gerade von der Zerstörung der Ökosysteme durch die Wanderbewegungen zu Lande und zu Wasser, eine Bewegung polwärts infolge der zunehmenden Erwärmung (Pflanzen- und Tier-„Flüchtlinge“ sozusagen) mit dramatischen Konsequenzen (bei mir in Handschuhsheim fliegt z.B. neuerdings die „Tigermücke“ herum). Systemkompetenz ist benötigt, um die wechselseitigen Abhängigkeiten zu verstehen und zu beeinflussen.
Vom Menschen verursachter Klimawandel: der Hebel zur Veränderung heisst „Mensch“ – die Psychologie steht hier in einer „pole-position“. Die „Globale Transformation“ startet mit einer „Personalen Transformation“! Naturwissenschaften wie die Physik können den Klimawandel beschreiben und modellieren, aber wie die Menschen „ticken“, die die Klimakrise verursachen, liegt ausserhalb des Erklärungsanspruchs der Physik.
Last but not least: Ich ärgere mich über Politiker, die völlig überrascht feststellen, dass Klima „plötzlich zu einem weltweiten Thema“ (so ein bekannter christdemokratischer Kanzlerkandidat) geworden sei… Es ist ja nicht der erste Bericht zur Lage des Klimas! Wieviel Berichte müssen noch kommen, um politisch wirksames und nachhaltiges Handeln auf den Weg zu bringen?