Heidelberger Jahrbücher 1957-2019: eine wahre Fundgrube!

Seit 2007 bin ich als Mitglied des Vorstands der „Gesellschaft der Freunde Universität Heidelberg e.V.“ (GdF) zuständig für die Betreuung der Heidelberger Jahrbücher. Dabei handelt es sich um eine der ältesten Zeitschriften der Welt, die im Jahr 1807 von den „Heidelberger Romantikern“ begründet wurde und immer noch existiert. Auf der Webseite der GdF heisst es:

“Die Gesellschaft der Freunde ist Herausgeber der traditionsreichen Schriftenreihe Heidelberger Jahrbücher. Die Publikation wurde im Jahr 1807 von Heidelberger Professoren unter dem Namen Heidelbergische Jahrbücher der Literatur begründet und hat eine wechselvolle und durch zwei Weltkriege unterbrochene Geschichte hinter sich. Verantwortlich für die Themenfindung und Autorensuche sind die vom Verein beauftragten Bandherausgeber.”

Auf meinen Vorschlag hin als Verantwortlicher für diese Buchreihe/Zeitschrift hat die GdF den mit dem Springer-Verlag seit 1957 laufenden Vertrag aus Kostengründen gekündigt; seit 2010 haben wir die Publikation in eigene Hände genommen und damit unsere Kosten deutlich reduziert. Dank der guten Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek und dank vieler unterstützender Herausgeber sowie aktiver Autorinnen und Autoren bleibt die Reihe auch nach 200 Jahren sehr lebendig.

2011 gab es einen Jubiläumsband zum 625jährigen Geburtstag der Universität, der aufgrund technischer Probleme erst 2013 fertiggestellt werden konnte. 2012, 2013, 2014 und 2015 sind keine Bände erschienen. Seit 2016 existiert die Reihe in völlig neuem Format mit dem Zusatz „Online“ im Titel, als Open-Access-Publikation in der Hand von „Heidelberg University Publishing“ (Band 1, 2016: Stabilität im Wandel; Band 2, 2017: Citizen Science; Band 3, 2018: Perspektiven der Mobilität; Band 4, 2019: Schönheit: Die Sicht der Wissenschaft; Band 5, 2020 zum Thema „Entwicklung“ ist in Vorbereitung, ebenso Band 6, 2021, zum Thema „Intelligenz“). Alle Beiträge der neuen Serie sind frei zugänglich als PDF, aber auf Wunsch (und gegen geringes Entgelt) werden auch sehr schöne gebundene Exemplare geliefert!

Nun habe ich vor kurzem ein Inhaltsverzeichnis (das ist der Schlüssel zur Schatztruhe!) der Beiträge ab 1957 erstellt und bin ganz begeistert, was wir dort für Schätze gesammelt haben! Wenn man dieses Verzeichnis durchsieht, stößt man auf viele interessante Beiträge von bekannten Autorinnen und Autoren und auf viele spannende Themen. Ich habe z.B. erst hier (im Band von 1962) von einem tragischen Flugzeugabsturz 1961 erfahren, bei dem 10 Althistoriker der Uni Heidelberg auf dem Weg zu einer Exkursion ums Leben kamen (hier ein Nachruf).

Ein paar Beispiele (in Klammern das Erscheinungsjahr des jeweiligen Jahrbuch-Beitrags): Die erste weibliche Rektorin der Neuzeit an einer westdeutschen Universität in der schwierigen Zeit 1966-1969 ist vertreten, Margot Becke (1967). Auch die (Alt-)Rektoren Werner Conze (1958), Gottfried Köthe (1961), Fritz Ernst (1962), Kurt Lindemann (1964), Wilhelm Gallas (1965), Günther Bornkamm (1966), Adolf Laufs (1980, 1994), Gisbert zu Putlitz (1984, 1997), Volker Sellin (1988), Peter Ulmer (1997), Jürgen Siebke (1998) und Bernhard Eitel (2011) sind zu finden.

Zu finden sind Beiträge von Karl Jaspers (1961) und Hans-Georg Gadamer (1988, 1990, 1993), Jürgen Habermas (1996), Paul Ricoeur (1987, 1989), Hilde Domin und Manes Sperber (beide 1984), den Nobelpreisträgern Bert Sakmann (1992) und Harald zur Hausen (2006), Jan Assmann (2000), dem Verfassungsrichter Paul Kirchhof (1997) und dem Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil (2000). Viele andere bekannte Namen sind zu finden – ich höre mit meinen Bespielen auf, um nicht ungerecht gegenüber den Nicht-Genannten zu werden…

Aber es gibt auch manche Themen, die ins Auge springen und zur Lektüre verlocken. Auch hier nur ein paar Beispiele zum „Anlocken“: „Der Romfahrer Sigmund Freud“ (1960), „Das Jahr 1849 in Heidelberg im Augenzeugenbericht eines Studenten“ (1971), „Die Krone der Schöpfung – Der Affe auf dem Weg zum Gott?“ (1980), „Entstehungsgeschichte des Deutschen Krebsforschungszentrums. Verwirklichung einer Idee“ (1985), „Eine unbekannte Beschreibung Heidelbergs und des Rhein-Neckar-Gebietes aus dem Jahr 1661“ (1988), „Kunstschätze der Heidelberger Jesuitenkirche“ (1991), „Das Universitätsmuseum“ (1997) oder „Drohen, verleumden, klagen oder: Wie man Götter und Dämonen zu bösen Taten verleitet“ (2008).

Bis ins Jahr 1996 sind zudem im hinteren Teil der Jahrbücher die Veröffentlichungen der Dozierenden aus allen Fakultäten dokumentiert („Dozenten-Bibliografie“) – auch nicht schlecht! Und von 1959 an bis 1985 gibt es unter dem Titel „Aus der Arbeit der Universitätsinstitute“ immer wieder interessante Beiträge aus verschiedensten Instituten, etwa „Das Diakoniewissenschaftliche Institut. Gründung und Auftrag“ (1978) oder „Das Slavische Institut der Universität Heidelberg. Zur Geschichte seiner Gründung“ (1981).

Ein Schatz, der hier über Jahrzehnte gesammelt wurde und der es in meinen Augen verdient, gelegentlich gehoben zu werden! Wie schön, dass die „Gesellschaft der Freunde“ dieses Projekt weiterhin trägt! Der Dank richtet sich an alle Mitglieder, ohne deren Unterstützung das nicht zu leisten wäre! Daher auch mein Angebot: Mitgliedern der „Gesellschaft der Freunde“ (und solchen, die es werden wollen!) stelle ich auf Wunsch PDF-Versionen von ausgewählten Kapiteln zur Verfügung (bitte Email an joachim.funke@psychologie.uni-heidelberg.de). Ich freue mich, wenn ich meine Begeisterung über diese Sammlung mit anderen teilen kann!

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