Als Vorsitzender unseres universitären Alumni-Vereins (der „Gesellschaft der Freunde Universität Heidelberg e.V.“) freue ich mich jedes Jahr auf den „Tag der Freunde“, an dem zum einen die jährliche Mitgliederversammlung erfolgt und ein paar Regularien erledigt werden, zum anderen aber mit dem Festvortrag und dem anschließenden geselligen Abendessen im Kreis der Freunde ein akademischer wie sozialer Höhepunkt unserer Gemeinschaft stattfindet. Dieses Jahr begehen wir das 70jährige Bestehen unseres Vereins, der in den Nachkriegsjahren 1948 gegründet wurde.
Bei der Mitgliederversammlung waren von unseren derzeit 1357 Mitgliedern rund 60 anwesend, als der Vorstand seinen Jahresbericht abgab und verschiedene Aktivitäten (vergangene ebenso wie geplante) vorstellte. Den ursprünglich eingeplanten Bericht des Rektors zum Stand der Exzellenzinitiative musste der Vorsitzende übernehmen, da der Rektor in letzter Minute absagen musste. Zum Glück sind mir als langjährigem Sprecher des Akademischen Senats unserer Universität viele dieser Fragen wohl vertraut, sodass ich diesen Part übernehmen konnte. Auch die Finanzlage unseres gemeinnützigen Vereins wurde präsentiert (sie hat sich erfreulicherweise verbessert). Der Vorstand wurde einstimmig entlastet und darf mit diesem Vertrauen im Rücken nun an die weitere Arbeit gehen. Danke dafür!
Nach kurzer Pause ging es dann mit dem Festvortrag weiter, zu dem erheblich mehr Personen als zur Mitgliederversammlung erschienen. Zitat aus dem Einladungsschreiben:
Unser diesjähriger Gastredner ist Prof. Dr. Edgar Wolfrum. Der ausgewiesene Zeithistoriker beleuchtet in seinem Vortrag mit dem Titel „1968 – vom globalen Ereignis zum nationalen Streitfall“ die soziale Bewegung der 1968er Jahre. Diese spaltet die Gemüter bis heute und ist nach wie vor wissenschaftlich umstritten. Wahlweise sind die 1968er schuld an allem, was schlecht ist, oder jedes frische laue Lüftchen wird positiv ihnen angeheftet. Wie konnte sich ein so umkämpfter Assoziationsraum ausbilden? Warum wird ein globales Ereignis – San Diego, Paris, Prag – gerade in Deutschland zu einem Streitfall wie nirgendwo sonst auf der Welt? Gab es deutsche Hypotheken, und was ist das Erbe von 1968?
Der Festredner Prof. Dr. Edgar Wolfrum lehrt und forscht seit 2003 an der Universität Heidelberg, wo er den Lehrstuhl für Zeitgeschichte innehat. Er ist durch zahlreiche Arbeiten und Buchveröffentlichungen bekannt – wie z.B.seine Monographie zur französischen Besatzungspolitik, seine Analysen und Kommentare zur deutschen Erinnerungspolitik, seine Studie zur rot-grünen Koalition, ein Handbuch zur Geschichte der Bundesrepublik („Die geglückte Demokratie“) und das als „Historisches Buch des Jahres 2017“ gekürte Buch „Welt im Zweispalt“. Edgar Wolfrum ist u.a. Vorsitzender der Historikerkommission zur NS-Aufarbeitung in Baden-Württemberg und seit 2017 Leiter der Forschungsstelle Antiziganismus.
Die Veranstaltung war ausgezeichnet besucht, Hörsaal 14 voll besetzt – leider ist dieser Saal nicht klimatisiert und auch nicht schallisoliert (die Musik vom Feuerwehrfest war irritierend, sorry dafür!). Dennoch konnten wir dem Vortrag von Kollegen Wolfrum gut folgen. Die anschließende lebhafte Diskussion brachte verschiedene Sichtweisen der 68er-Bewegung zur Geltung, positive wie negative. Ich habe mich an diese Zeit erinnert, in der ich als 15jähriger Gymnasiast erstmals auf der Strasse stand (ohne genau zu wissen wofür) und später als 18jähriger Erstsemester an der Uni Düsseldorf im Tutorium Werke von Marx und Engels zu lesen bekam, von denen ich kein Wort verstand…
Nach dem Festvortrag ging es für angemeldete Gäste in den Garten des Internationalen Wissenschaftsforums (IWH), unterhalb des Heidelberger Schlosses (die „Villa“ war übrigens mal der Ort, an dem in den 1960er Jahren das Psychologische Institut mit seinen damals wenigen Studenten untergebracht war). Der Wettergott meinte es gut mit uns, das Essen war lecker, für Getränke war gesort – da konnten viele Gespräche stattfinden und die Freunde der Universität (darunter auch 30 Studierende, deren Eintritt von Mitgliedern übernommen wurden) haben sich gut unterhalten. Zahlreiche Kontakte wurde neu geknüpft oder erneuert, gute Stimmung im Garten! Neue Mitglieder konnten gewonnen werden.
Übrigens gibt es in unserem Verein verschiedene Sektionen, darunter auch die von mir geleitete Sektion der „Alumni Psychologici„, die als Institution am Psychologischen Institut bekannt ist und dort Gutes tut (Finanzierung von Abschlußfeiern, Zuschuss zum Empra-Kongreß, Bibliotheksausstattung und vieles andere mehr). Eine der letzten Aktionen: Die Anschaffung der Bilder im Eingangsbereich haben wir den Alumni Psychologici zu verdanken. Wer noch kein Mitglied, aber sich mit dem Gedanken trägt: Hier geht es zur Anmeldung!