57. TeaP in Hildesheim

Vom 8.-11.3.15 fand an der Uni Hildesheim die 57. Tagung experimentell arbeitender Psychologen (TeaP) statt. Gut 600 Teilnehmende aus 15 Ländern konnten mehr als 370 Vorträge hören und knapp 160 Poster anschauen. Dazu kamen 1 Begrüssungsabend im Ratskeller, 3 Mittagsvorlesungen, 1 Gesellschaftsabend auf der Domäne Marienburg und 1 Fachgruppen-Treffen. Organisiert wurde das Ganze von einem Dreier-Team bestehend aus Christina Bermeitinger (federführend; sie löst auch Arndt Bröder im Vorsitz der Fachgruppe ab), Werner Greve und Andreas Mojzisch.

Ein volles (und tolles!) Programm, das die ganze Bandbreite der Allgemeinen und Experimentellen Psychologie zeigt! Es wird verständlich, warum wir als Fachgruppe so erfolgreich sind (in Termini von Drittmitteln, internationalen Publikationen etc.): wir haben tollen Nachwuchs! Die TeaP ist eine Tagung junger Leute; als Ü60 merke ich das an meiner sinkenden Bereitschaft, auf Miiternachtsparties zu gehen. Das war vor 30 Jahren anders… Die jungen Wissenschaftler sind hoch motiviert, gut ausgebildet und viele können auch auf Englisch gut präsentieren! Tagungssprache ist seit der Mannheimer TeaP englisch.

Was mir auffiel: die Atmosphäre ist freundlicher geworden. Zu meiner Zeit gab es einige ältere Herren, die als „scharfe Hunde“ bekannt waren und deren bissige Kommentare gefürchtet waren. Das sieht heute anders aus – und das liegt nicht daran, dass ich meine Zähne verloren hätte…Der Umgang miteinander ist friedlicher geworden. Dafür fehlt es ein wenig an kontroversen Diskussionen.

Die Präsentationen folgen einem 15-Minuten-Rhythmus (12 Minuten Präsentation, 3 Minuten Diskussion ist der Plan; faktisch sind es 14:30 für Präsentation und 0:30 für Fragen), das ist stressig und führt dazu, dass manche gleich ihre Introduction überspringen und mitten drin einsteigen, um ihr Untersuchungsparadigma oder das Design zu berichten, ohne das die Daten kaum verständlich wären. Das wollen wir im nächsten Jahr ändern.

Drei Mittagsvorlesungen waren aufschlussreich: John-Dylan Haynes (Berlin) über „Decoding thougths from brain imaging signals“, Ernst Fehr (Zürich) über „Understanding the mind by examining the brain“ und Hannes Rakoczy (Göttingen) über „The (dis-)unity of implicit and explicit theory of mind“ brachten interessante Themen auf und haben ihre Standpunkte verdeutlicht. Der etwas breitere Blick tut angesichts vieler spezifischer Beiträge gut und ist ein wichtiger Bestandteil der Tagung.

Ein neues Format bestand in „No-Data Sessions“: Andreas Mojzisch hat in Anlehnung an Heinrich Dükers ursprüngliche Pläne den Beratungscharakter stark gemacht. Doktorandinnen und Doktoranden in der Planungsphase tragen ihre Ideen vor und bekommen Anregungen und Kritik von dazu eingeladenen Expertinnen und Experten.

Ein Highlight für mich war das Symposium „The Reproducibility Project„: Susann Fiedler (MPI Bonn), Georg Jahn (Lübeck), Frank Renkewitz (Erfurt) und Hedderik van Rijn (Groningen) berichteten über das 2011 gestartete Projekt, die in unseren Top-Journalen publizierten Experimente systematisch zu replizieren. 93 solcher „direct replcations“ sind inzwischen abgeschlossen, viele weitere noch in der Pipeline. Aktueller Zwischenstand: nur 40% der Experimente liessen sich replizieren, die Effektstärke sank bei den unabhängigen Replikationen erheblich ab (von durchschnittlich r=.33 auf r=.10). Die gute Nachricht: „We are changing“ – so die selbstbewusste Botschaft der Replikationsgruppe!

Auch die Veranstaltungen zur freien Statistik-Software R haben sich großer Beliebtheit erfreut und viele Zuhörende gefunden. BDie Poster-Sessions waren gut besucht und an den Ständen wurde lebhaft diskutiert (mehr als bei den Vorträgen). Bestimmt gab es noch andere Highlights, die mir entgangen sind, weill man nicht an allen Orten gleichzeitig sein konnte.

Noch etwas ganz Unwissenschaftliches aus dem Nähkästchen der Veranstalter: „Our participants ate 1300 pretzel sticks, 1300 cheeserolls, 14 baking sheets of cake (2x Butterkuchen, 2x Puddingkuchen, 2x Kirschbutterkuchen, 3x Streuselkuchen, 2x Bienenstich, 3x Apfelkuchen), 60 kg of apples, 45kg of bananas, 40 kg of tangerines, 20 kg of grapes. They drank 480 small bottles of orange juice, 480 small bottles of apple juice, 1320 small bottles of water, 70 liters of milk, 14 liters of soya-milk, and 19 packages of coffee using 2000 coffee cups. 449 people had lunch at the mensa.“ Das ist der Treibstoff der Konferenz gewesen 🙂

Alles in allem eine lohnende Reise! Viele Gespräche mit alten Bekannten, neue Bekanntschaften und ein paar neue Ideen, die unsere eigene Forschung voran bringen könnten. Dank an die Organisatoren für eine schöne Tagung! Und im nächsten Jahr wird Heidelberg vom 21.-23.3.16 Gastgeber der 58. TeaP sein (hier mein früherer Blog-Eintrag dazu). Wir freuen uns schon!

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