Solidarpakt III: Perspektive 2020

Hochschulfinanzierung ist angesichts dramatisch steigender Studierendenzahlen ein wichtiges Thema an allen Universitäten. Nach Ablauf von Solidarpakt I (1997-2006) und Solidarpakt II (2006-2015) ist nun das dritte Abkommen zwischen baden-württembergischen Hochschulen und der Landesregierung unter Dach und Fach gebracht worden. Zitat aus dem CHE „CheckPoint 1/2015“:

„Die Landesregierung und Vertreter der Hochschulen in Baden–Württemberg haben am 9. Januar den neuen Hochschulfinanzierungsvertrag (HoFV) unterzeichnet. Die Vereinbarung mit dem Namen „Perspektive 2020“ gilt für sechs Jahre ab 2015. Mit dem neuen Hochschulfinanzierungsvertrag [hier der Link zum Vertrag] erhöht das Land die Grundfinanzierung der Hochschulen bis 2020 um drei Prozent pro Jahr. Damit steigt die Grundfinanzierung schrittweise von heute 2,47 Milliarden Euro auf 3,05 Milliarden im Jahr 2020. Dazu kommen 600 Millionen Euro zusätzlich für ein Sonderprogramm zur Sanierung von Hochschulgebäuden. Außerdem erhalten die Universitäten einen Ausgleich für die Steigerung der Energiekosten seit 1997. Die Hochschulmedizin erhält 20 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich für Sonderbedarfe. Über 20 Millionen Euro jährlich entscheiden die Studierenden künftig in einem gesetzten Rahmen eigenständig, wie diese zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Das Land investiert 100 Prozent der freiwerdenden BAföG–Mittel in Bildung – 60 Millionen Euro davon in die Hochschulen.“

Baden-Württemberg befindet sich damit in einer Spitzenposition, verglichen mit anderen Bundesländern, in denen die Finanzlage weniger gut ausfällt. Trotz dieses großen Erfolgs bei den Verhandlungen sind noch einige Sorgen auszuräumen. Da die Zweitmittel (Qualitätssicherungsmittel [=QuasiMi] etc.) zunächst einmal in die Hand des Rektorats zurückfallen, müssen sie von dort aus in die budgetären Einheiten weitergegeben werden, aber nicht in vollem Umfang, da ein ein grosses (und dauerhaftes) strukturelles Defizit nach wie vor besteht! Lediglich die (nunmehr dauerhaften) Sondermittel wie Ausbau 2012 und 2016 werden wohl in voller Gänze durchgereicht an die Fächer, die sich zur Aufnahme von Überlast bereit erklärt haben. Das bringt einige Institute, die ihre Zukunft voll auf diese (befristeten) Sonderzahlungen gesetzt haben, in Schwierigkeiten. Hier muss eine faire und transparente Verteilung für Konsens sorgen, die vom Rektorat in enger Abstimmung mit dem Senat in den nächsten Monaten vorgenommen wird. Die ursprüngliche Höhe der QuasiMi wird nicht mehr erreicht werden, aber etwa die Hälfte davon wird den Instituten als (nunmehr frei verfügbare, dauerhafte und im Fall von Personalstellen: dynamisch steigende!) Aversalmittel zur Verfügung stehen.

Für die Studierenden bleibt nach wie vor ein Vorschlagsrecht für einen (nun etwas geringeren) Teil der Mittel bestehen (via StuRa [=StudierendenRat]). Etwas mehr als 1 Mio € stehen hier den Studierenden zukünftig pro Jahr bereit. Manche der bisherigen Serviceleistungen werden daher nicht mehr angeboten werden können; aber waren Zuschüsse zu Sprachkursen, freie Druckkontingente, Zuschüsse zu Konferenzreisen, Zuschüsse zu Bachelor- und Masterarbeiten wirklich immer nötig? Nicht alle Studierenden haben davon gleichermassen profitiert. Und stand der enorme administrative Aufwand wirklich in angemessenem Verhältnis? Ich jedenfalls halte die Reduktion der Mittelmitbestimmung an dieser Stelle für vertretbar. Gute Vorschläge von Studierenden werden sicher auch weiterhin in den Instituten aufgegriffen und umgesetzt werden.

Wie so oft wird schon das um das Fell des Bären gestritten, wo er noch gar nicht ausgenommen ist und unklar ist, wie sich die finanzielle Situation im Detail darstellt (es gibt bereits erste Abstriche bei der zugesagten Energiekostenübernahme). Die „bottom line“ ist eindeutig positiv und gibt Anlass zur Freude über die Einsicht der Poltiker, dass dringender Handlungsbedarf bestand (und in Sachen Hochschulbau immer noch besteht!). Und: Wir schwimmen jetzt nicht im Geld, sondern eine katastrophale Defizit-Situation ist etwas mehr ins Gleichgewicht gebracht worden. Am Ende wird wohl niemand mehr Geld bekommen, aber wir müssen auch keine Schließungen vornehmen, sondern können den laufenden Betrieb aufrechterhalten… Das bedeutet in heutigen Zeiten schon eine Menge! Wir jubeln nicht, aber wir freuen uns!

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