Wie in früheren Jahren konnten auch in 2014 wieder drei mit je 12.500 Euro dotierte Hengstberger-Preise zur Durchführung eines internationalen wissenschaftlichen Kolloquiums am IWH (der alten „Psychologen-Villa“ am Ende der Hauptstrasse – dort war das PI für viele Jahre untergebracht, vor dem Umzug in die Hauptstrasse 47) vergeben werden. Aus den knapp 20 Antragstellern wurde vom Kuratorium des IWH und unter Mitwirkung des Sponsors die drei folgenden Preisträger 2014 ausgewählt (die Bekanntgabe erfolgte auf der Jahresfeier 2014 der Universität am 18. Oktober):
- Dr. Christian Kirches (Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen, IWR), Dr. Peter Dürsch (Alfred-Weber-Institut, AWI), Dr. Daniel Holt (Allgemeine und Theoretische Psychologie, ATP): (Non-)Optimal decision making in dynamic environments
- Dr. Guido Grossmann, Dr. Sebastian Wolf (beide vom Centre for Organismal Studies, COS): Plant-Environment Interactions
- Dr. Danielle Allesandrini, Dr. Lee Gye-Son, Dr. Ana Peon-Nieto (alle 3 vom Mathematischen Institut): Higher Teichmüller theory and Higgs bundles: interactions and new trends
Ich freue mich, dass nach Dr. Matthias Blümke (2008: International small group meeting on the transformation of reaction-time based measurement approaches) und Dr. Stefanie Höhl (2011: Individual Differences and Universals of Human Social Cognitive Development) mit Dr. Daniel Holt erneut ein Mitglied unseres Instituts ausgezeichnet wurde. Herzlichen Glückwunsch, lieber Daniel!
Für mich war es meine letzte Runde als IWH-Kurator (und natürlich habe ich mich nicht an der Abstimmung über meinen eigenen Kandidaten beteiligt!) – für viele Jahre war ich hier beteiligt und habe viele tolle Bewertungen gesichtet. Schade, dass am Schluß nur wenige gefördert werden können!
Hier ein Auszug aus den Bewerbungsunterlagen unseres Instituts-Preisträgers mit dem Programm des Symposiums:
Entscheidungen zu fällen ist ein wesentlicher Bestandteil des Alltagslebens. Unsere Umwelt verhält sich jedoch nicht statisch, sondern reagiert auf Entscheidungen oder verändert sich auch ohne unser Zutun weiter, was Anpassungen und weitere Entscheidungen erfordert. Kernthema des vorgeschlagenen Symposions ist es, dynamische Entscheidungsprozesse dieser Art aus den komplementären Perspektiven der Ökonomie, Psychologie und Mathematik zu betrachten und zu verstehen. Insbesondere soll die Frage im Mittelpunkt stehen, inwieweit rational optimales Handeln mit Hilfe mathematischer und ökonomischer Modelle in dynamischen Situationen überhaupt bestimmbar ist. Des Weiteren wollen wir hinterfragen, ob dieses theoretische Optimum aus Sicht der kognitiven Psychologie für das oftmals nicht optimale Entscheidungsverhalten des Menschen als Maßstab dienen kann und sollte. Das Symposion wird von drei Nachwuchswissenschaftlern veranstaltet werden, die den Fachrichtungen Mathematik, Psychologie, und Ökonomie an den Instituten IWR, ATP, und AWI der Universität Heidelberg angehören.
Herr Dr. Peter Dürsch arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Jörg Oechssler am Alfred-Weber-Institut, bei dem er auch im Jahr 2011 promoviert hat. Seine Forschung ist sowohl theoretisch, wie auch experimentell ausgerichtet und umfasst unter anderem Imitationsverhalten, Entscheidungen unter Unsicherheit, sowie Spieltheorie.
Herr Dr. Daniel Holt ist akademischer Rat auf Zeit in der Abteilung Allgemeine und Theoretische Psychologie am Psychologischen Institut. Er hat 2012 bei Prof. Dr. Joachim Funke promoviert und forscht zu den Themen Planen, Problemlösen und Modellierung kognitiver Prozesse.
Herr Dr. Christian Kirches ist seit 2013 Leiter einer Forschungsgruppe am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR). Er hat 2010 bei Prof. Dr. Dres. h.c. Hans Georg Bock und Prof. Dr. Gerhard Reinelt am IWR in Mathematik promoviert. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe erforscht er die Entwicklung und Umsetzung von mathematischen und computergestützten Verfahren zur effizienten Optimierung komplexer dynamischer Prozesse.
Christian Kirches und Daniel Holt haben bereits in einem von der Exzellenzinitiative geförderten Projekt zur mathematischen Modellierung kognitiver Prozesse (Zukunftskonzept Fördermaßnahme 5.4, Projekt „CoMoKoS“) erfolgreich zusammengearbeitet. Peter Dürsch und Daniel Holt haben in der Vergangenheit ebenfalls bei der Erforschung der Rolle kognitiver Fähigkeiten beim rational-ökonomischen Entscheiden kollaboriert (Projekt im Field of Focus 4 „Regulation and Self-Regulation“). Die konstruktiven interdisziplinären Schnittstellen, die sich in diesen Projekten gezeigt haben, sind eine wesentliche Motivation für das vorgeschlagene gemeinsame Symposion, um eine derartige Vernetzung auch auf nationaler und internationaler Ebene zu stärken.
Das Symposion verbindet mit den Fachbereichen Mathematik, Psychologie und Ökonomie die Wissenschaftsbereiche Naturwissenschaften, Geistes- und Gesellschaftswissenschaften und fördert den gegenseitigen Austausch anhand der zentralen Forschungsgegenstände „menschliche Entscheidungen“ und „dynamische Umgebungen“ zu denen alle drei Fachbereiche Beiträge in Theorie und Experiment einbringen. Dabei bieten sowohl die Wirtschaftswissenschaften als auch die Psychologie relevante Anwendungsfelder für die Analysewerkzeuge der Mathematik. Das Augenmerk der Wirtschaftswissenschaftler liegt hauptsächlich auf der praktischen Anwendbarkeit der Ergebnisse, während die Psychologie sich stärker auf den eigentlichen Entscheidungsprozess konzentriert. Da beide Disziplinen ähnliche Themen bearbeiten, ist ein Kontakt über die Grenzen der Disziplinen hinweg besonders wünschenswert um Duplikationen in der Forschung zu vermeiden und Erkenntnisse des anderen Fachs zu nutzen. Bereits jetzt wird z.B. psychologische Grundlagenforschung genutzt, um die Annahmen wirtschaftswissenschaftlicher Lerntheorien zu stützen. Die Mathematik liefert hier eine geeignete Methodik, um anspruchsvolle Modelle zu lösen. Hierdurch wird es den anderen beiden Disziplinen ermöglicht, theoretische Fragen zu beantworten, deren Bearbeitung erst mit fortschrittlichen Optimierungsverfahren möglich wird.
Das Symposion trägt über die Forschungsinteressen der beteiligten Partner hinaus dazu bei, den fächerübergreifende Dialog als ein besonderes Anliegen des Zukunftskonzepts der Universität Heidelberg in der Exzellenzinitiative des Bundes zu stärken. Als drittem methodischem Ansatz neben Theorie und Experiment und als Schlüsseltechnologie zur Vernetzung der „Fields of Focus“ der Universität kommt dem Wissenschaftliche Rechnen dabei besondere Bedeutung zu.
Mit einem Tagungsband wird das geplante Symposion auch selbst zum Stand der Literatur beitragen. Dieser wird eine aktuelle Übersicht über die neusten Forschungsergebnisse zum Thema Entscheidungsfindung in dynamischen Systemen zusammenstellen und diese Entwicklungen zueinander in Kontext setzen.