Das ist der Titel der öffentlichen Abschiedsvorlesung, die Paul Kirchhof, „dieser Jurist aus Heidelberg“, am 7.6.2013 in der vollbesetzten Neuen Aula vor einem hochkarätigen Publikum aus Wissenschaft, Politik und Kirche gehalten hat. Rhetorisch ein Genuss, inhaltlich anregend und nachdenklich machend!
Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die Sage des Prometheus, einem Titanen, der die Menschen in einem desolaten Zustand antraf – desolat deswegen, weil sie in die Zukunft sehen konnten und ihren Tod kommen sahen. Vor lauter Verzweiflung darüber blieben sie untätig. Prometheus nahm daraufhin den Menschen ihre Zukunftssicht und gab ihnen stattdessen die Hoffnung! Was Kirchhof nicht erwähnte: Diese Hoffnung war das letzte Element aus der Büchse der Pandora, aus der alles Übel und Unheil bereits über die Menschheit geschüttet war.
Hoffnung war das Leitthema seines Vortrags: Hoffen auf die Freiheitsberechtigten, dass diese ihre Freiheit nicht maßlos und auf Kosten anderer ausleben. Hoffen auf die Rationalität im Recht, die auf der Strecke bleiben könnte, wenn beschließende Organe 60 Gesetze in 60 Minuten durchpeitschen. Hoffen auf die Kraft der Sprache, die den Begriffen verläßlichen Gehalt geben soll. Hoffen auf die Institutionen, die als Freiheitsgarant dienen.
Eine Vorlesung, die nicht nur für das anwesende Fachpublikum (zahlrichte höchste Richter bedeutender nationaler und internationaler Gerichtshöfe, aber auch Altkanzler Helmut Kohl), sondern auch für Laien wie mich die grundsätzliche Bedeutung von Recht als Bedingung und Folge des Grundsatzes von Freiheit und Gleichheit herausgestellt hat. Dass er – als langjähriger Richter am Bundesverfassungsgericht – die Verfassung als „erfahrungsbasierte Hoffnung“ bezeichnete, hat er überzeugend dargelegt. Ebenso gefallen hat mir eine von ihm zitierte Aussage, die er seinerzeit auf seine Frage erhielt, was man denn als Verfassungsrichter für besondere Fähigkeiten besitzen sollte: „bleiben sie ein Menschenfreund“!
Sein Optimismus und seine Menschenfreundlichkeit, die in einem tiefen Vertrauen in eine fair verstandene Rechtsstaatlichkeit beruht, sind ansteckend und vorbildlich! Schön, dass er der Uni Heidelberg als Professor „Senior Distinctus“ erhalten bleibt und nun auch Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften geworden ist! Und schön, dass ich in meiner Funktion als Senatssprecher das Vergnügen haben durfte, in den letzten 3 Jahren immer wieder mit ihm zusammenzutreffen, um Fragen des Universitätsrats und des Senats mit ihm zu diskutieren! Dabei habe ich natürlich auch Wissen erworben, aber vielmehr noch eine Haltung (eben den „Menschenfreund“) kennengelernt, die mir sehr imponiert hat und als Vorbild dient.