Komplexes Problemlösen und Emotionen

Im Rahmen unseres Kolloquiums war am 15.1.2013 PD Dr. Ulrike Starker (Uni Bamberg) bei uns zu Gast und hat über „Emotionale Adaptivität beim Lösen komplexer Probleme“ gesprochen. In den von ihr vorgestellten Untersuchungen geht sie der Frage nach, welche Rolle Emotionsregulation beim Umgang mit komplexen Anforderungen spielt. Als komplexe Anforderung dient dabei die Simulation „SchokoFin“ von Dietrich Dörner & Jürgen Gerdes, bei der man eine Wiener Schokoladenfirma leiten soll (ein im Vergleich zu dem bei uns eingesetzten Planspiel „Tailorshop“ erheblich komplexeres Szenario, in dem man sich regelrecht in Teilbereichen verlieren kann).

Der Spielaufwand ist recht hoch: 24 Simulationsmonate werden auf gut 2 Stunden (plus 30 Minutewn Instruktion) reduziert, machen den teilnehmenden Personen aber soviel Spass, dass sie gerne mehr spielen möchten. Für unsere Arbeitsgruppe ist dieses Szenario interessant, weil es eine große Strategievielfalt bietet. Und angesichts der Komplexität eignet es sich sehr gut zur Untersuchung von Handlungsregulationsprozessen, von denen die Emotionsregulation einen interessanten Ausschnitt darstellt.

Ulrike Starker kann in ihren Untersuchungen mit Führungskräften aus kleinen und mittleren Unternehmen zeigen, dass aktive Emotionsregulation zu besserem Problemlösen führt als ein „natürlicher“ (unbeeinflusster) Emotionsstrom. Differentielle Effekte verschiedener experimentell induzierter Emotionen (Angst, Ärger, Freude, Zuversicht – erzeugt auf der Basis individueller autobiografischer Erinnerungen) zeigen nur für Ärger spezifische Nachteile: hier wird eine Abwärtsspirale eingeleitet, die zu Fehlern führt und damit den Ärger noch verstärkt.

Interessant ist der postulierte Regulationseffekt auf die Veränderung des Auflösungsniveaus (grobe versus feine Analyse), der durch Handlungsdruck erzeugt wird – man erkennt, dass komplexe Anforderungen das psychische System an den Rand der Überforderung führen und daher nicht nur eine Notfallreaktion des kognitiven Systems (sensu Dörner), sondern auch eine Notfallreaktion des emotionalen Systems auslösen können, wenn nicht gegengesteuert wird.

Ein interessanter Abend, den wir in kleiner Runde bei einem Gläschen Wein in der Schnitzelbank mit vertiefenden Diskussionen ausklingen ließen. Die Achse Bamberg – Heidelberg (siehe auch meine Blog-Einträge „Workshop mit Dietrich Dörner“ von 2009 oder „Lohhausen: Der Klassiker unter den komplexen Problemen“ von 2011) ist damit wieder einmal gestärkt worden.

Kategorien:

Archive
Kategorien