Poetik-Dozentur 2010 an Bernhard Schlink

Mit großer Freude habe ich erfahren, dass die Heidelberger Poetik-Dozentur 2010 an Bernhard Schlink, den Autor des weltberühmten Buchs „Der Vorleser„, geht. Schlink ist neben seinem Beruf als Schriftsteller als Professor für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an HU Berlin tätig.

Bernhard Schlink

Bernhard Schlink

Bernhard Schlink hat in der Amselgasse in Heidelberg-Handschuhsheim gewohnt (ich wohne um die Ecke), wie er einmal im Gespräch berichtete. Kurz nach meinem Wechsel nach Heidelberg 1997 habe ich die Krimis mit seinem Privatdetektiv Gerhard Selb mit großem Vergnügen gelesen, die – wie der großartige Roman „Der Vorleser“ – in Heidelberg (und Mannheim) spielen und damit Lokalkolorit versprachen.

Bisherige Poetikdozenten der Uni Heidelberg waren:

  • 2008 Peter Bieri (alias Pascal Mercier) [siehe meinen früheren Blog-Eintrag]
  • 2006 Louis Begley
  • 2004 Patrick Roth
  • 2002 Ulla Berkéwicz
  • 2000 Eckhard Henscheid (ich erinnere mich gerne an seine wunderbare Vorlesung über Satire!)
  • 1999 Michael Rutschky
  • 1998 Hanns-Josef Ortheil [siehe meinen Blog-Eintrag anläßlich seiner Honorarprofessur]
  • 1997 Brigitte Kronauer
  • 1996 Volker Braun
  • 1995 Dieter Kühn
  • 1994 Ulla Hahn
  • 1993 Martin Walser

Es lockt mich ja, eine Veranstaltung „Psychologie und Literatur“ anzubieten – die Psychologie des Schreibens und Lesens von Lyrik und Romanen ist ja sehr spannend, auch wenn die Literaturpsychologie (das entsprechende Wikipedia-Stichwort fehlt noch, ersatzweise hilft Literaturtheorie weiter) als Genre unseres Faches eine ziemlich unbedeutende Rolle spielt. Mit der Germanistin Dr. Michaela Kopp-Marx habe ich bereits dazu einmal Vorgespräche geführt.

Natürlich ist das Schreiben eines Romans aus Produzentensicht als Problemlöse-Prozess zu interpretieren, bei dem Unmengen an Entscheidungen auf Seiten des Autors zu treffen sind. Typischerweise sind viele unklare Ziele zu schärfen, Intransparenzen zu reduzieren, Handlungsdynamiken zu entwerfen – klassische Merkmale eines komplexen Problems also.

Aber auch auf Rezipientenseite gibt es einige Nüsse zu knacken, angefangen vom Aufbau adäquater mentaler Modelle, dem Entschlüsseln verborgener Hinweise oder dem Verstehen von Scherz, Ironie und Satire. Dazu kommen die Emotionen – Romane sind ja eben keine Sachbücher, sondern müssen auch emotional anrührend oder spannend sein, um einen ästhetischen Genuss zu bewirken.

Wie auch immer: Dass Bernhard Schlink unser universitärer „poet in residence“ wird, ist sehr erfreulich! Ich wünsche uns gute Unterhaltung!

Mehr zur Poetik-Dozentur 2010 und zum Programm: http://www.gs.uni-heidelberg.de/aktuelles/poetik-dozentur/2010/

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