SPUDM 21 in Warschau: What’s new?

Vom 19.-23.8.07 war ich auf der SPUDM 21 in Warschau, einer Tagung von europäischen Urteils- und Entscheidungsforschern. Mein Eindruck: Holland kommt! Insbesondere holländische Sozialpsychologen wie z.B. Marcel Zeelenberg und Ökonometriker wie Peter Wakker aus Amsterdam zogen viele Zuhörer an. Aber auch Deutschland, Schweden, Großbritannien, Spanien und die Schweiz (Basel, Zürich) waren gut vertreten. Was sind die take-home-messages, über die sich nachzudenken lohnt?

(1) Die sequentiellen Entscheidungen könnten – so Alex Kacelnik – wichtiger als die simultanen sein – in der Natur stehen selten 10 verschiedene Beutetiere zur Wahl, sondern man kann das eine vor sich versuchen zu fangen oder es lassen. „Sequential Choice“ ist nach Kacelniks Meinung viel bedeutsamer als das in psychologischen Experimenten meist praktizierte Paradigma des „Simultaneous Choice“.
(2) Action vs. inaction: es gibt unterschiedliche Regrets! Kurzfristig bedauert man meist das Handeln, langfristig meist das Unterlassen. Interessante Anwendungen hierfür gibt es im Bereich der Konsumentenpsychologie.
(3) Beim Vergleich verschiedener Spezies (z.B. Mensch vs. Primaten) hinsichtlich des Merkmals „Geduld“ scheint es nur so, als hätten Menschen die größte Geduld von allen Spezies: Im „Smaller sooner/Larger later“-Paradigma schaffen Tauben es, 2.5 Sek zu warten, Schimpansen bringen es auf 2 Minuten, Menschen können angeblich am längsten warten. Tatsächlich sind aber methodologische Probleme für die gefundenen Unterschiede verantwortlich (z.B. geht es bei Tieren fast immer um den Belohnungsaufschub für Nahrung, bei Menschen dagegen fast immer um Geld; z.B. sind die Wahlmöglichkeiten bei Tieren erfahrungsbedingt, bei Menschen dagegen meist deskriptiv vorgegeben).

(4) „Experience-based vs. description-based“ spielt auch in anderen Kontexten (z.B. bei Wahrscheinlichkeiten für seltene Ereignisse) eine wichtige Rolle und dreht Ergebnismuster geradezu um. Ob eine bestimmte Wahrscheinlichkeit einfach nur genannt wird („Das Los gewinnt mit Wahrscheinlichkeit 1/10“) oder ob Wahrscheinlichkeiten durch eigene Erfahrungen gesammelt werden (man zieht 10 Lose und schätzt die Gewinnwahrscheinlichkeit), bewirkt gravierende Unterschiede. Allerdings erklärt „sampling bias“ auch nicht alles, wie Experimente zeigen, in denen zum Vergleich vollständige Populationen erfahren werden.

(5) Die Vorteile intuitiver Entscheidungen bei komplexen Problemen, wie sie von Ap Dijksterhuis berichtet wurden, verschwinden nach Angaben von John Payne, wenn die Zeit zum Nachdenken frei gewählt werden kann und nicht fest auf 4 Minuten fixiert ist. Auch bei komplexen Problemen scheinen also deliberative Prozesse vorteilhaft!

Kategorien:

Keine Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Archive
Kategorien