Ein großer Psychologe ist am 14.10.2024 verstorben: Philip Zimbardo.
Ich selbst habe ihn nie persönlich getroffen, aber in meinen Vorlesungen spielte natürlich das von ihm durchgeführte „Stanford Prison Experiment“ immer eine Rolle im Kontext ethischer Überlegungen zum Experimentieren mit Menschen. Auch im Psychokino, das von der Fachschaft organisiert war, wurde wiederholt der Film „Das Experiment“ gezeigt, der eine großartige (erschreckende!) Verfilmung des von ihm durchgeführten legendären (und nicht unumstrittenen) Experiments ist. „De mortuis nihil nisi bene“ (Ūber Tote soll man nur Gutes sagen)…
Ich erinnere mich an den internationalen Weltkongress für Psychologie in Berlin 2008 (unter der Präsidentschaft von Peter Frensch), an dem ich mitgewirkt habe: Die Vorlesung von Zimbardo über den Lucifer-Effekt („gute“ Menschen sind zu „bösen“ Sachen fähig) war ein solcher „Renner“, dass sie wegen der riesigen Nachfrage gleich zweimal angeboten werden musste – er füllte problemlos zweimal den Audimax…
Und natürlich habe ich – mit Bernd Reuschenbach – an der deutschen Übersetzung des „Zimbardo Time Perspective Inventory“ (ZTPI) mitgewirkt: Reuschenbach, B., Funke, J., Drevensiek, A.M. & Ziegler, N. (2013). Testing a German version of the Zimbardo Time Perspective Inventory (ZTPI). Studia Psychologica, 152, 16-29 (hier der Link).
Theorien der Zeitperspektive gehen davon aus, dass unsere Zeitwahrnehmung unsere Gefühle, Wahrnehmungen und Handlungen beeinflusst. Die meisten Zeitperspektivenmodelle unterteilen unsere Zeitperspektiven in chronologische Kategorien wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Zimbardos Ansatz unterteilt diese Zeitperspektiven in fünf Perspektiven: (1 )Vergangenheit-Positiv, (2) Vergangenheit-Negativ, (3)Gegenwart-Hedonistisch, (4) Gegenwart-Fatalistisch und (5) Zukunft. Darüber hinaus schlägt Zimbardo eine separate transzendentale Zeitperspektive vor, die sich auf den Blick über die eigene Lebenszeit hinaus bezieht.
Übrigens war Zimbardo im Jahr 2002 Präsident der weltgrößten Psychologenvereinigung „American Psychological Association“ (APA) – sein Nachfolger im Amt des Präsidenten im Jahr 2003 war unser Honorarprofessor Robert J. Sternberg, der Zimbardo gut kannte.
Möge er in Frieden ruhen!
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