Eine weitere Bedrohung: Das als Welt-Klimarat bekannte „Intergovernmental Panel on Climate Change“, kurz IPCC, hat am 28.2.22 den 6. Sachstandsbericht seiner Arbeitsgruppe 2 veröffentlicht, zu den Folgen des weltweiten Klimawandels. Diese Berichte erscheinen nur rund alle sieben Jahre.
Hierzu Katja Frieler, eine Leitautorin des Berichtskapitels zu beobachteten sektorübergreifenden Klimafolgen sowie Mitwirkende bei der Zusammenfassung des Berichts für politische Entscheidungsträger, sie ist am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Ko-Leiterin der Forschungsabteilung Transformationspfade:
„Wir verlassen die Welt, wie wir sie kennen. Unser Bericht zeigt, dass die beobachteten Klimafolgen in allen Bereichen zunehmen. Eine globale Erwärmung von rund 1,1 Grad, das klingt nicht nach viel, aber die Auswirkungen des Klimawandels für Mensch und Natur werden immer deutlicher sichtbar. So sind unsere Treibhausgasemissionen bereits weitgehend für das beobachtete massenhafte Bleichen von Warmwasserkorallen verantwortlich, das ihre Existenz bedroht. Die Emissionen tragen zu einem vermehrten Baumsterben durch Dürren bei. Der Klimawandel führt außerdem zu weitreichenden Verschiebungen im Zeitablauf vieler Prozesse in der Natur.
Im Vergleich zum letzten IPCC-Bericht verstehen wir heute wissenschaftlich viel besser, wie empfindlich unsere Gesellschaft gegenüber Wetterbedingungen ist. Insbesondere auch, wie sich Wetterextreme auf unsere Infrastruktur, Wirtschaft und Gesundheit auswirken. Die Zahlen sind deutlich. Aufgrund der globalen Erwärmung sterben mehr Menschen an hitzebedingten Gesundheitsproblemen. Die durch tropische Wirbelstürme verursachten Schäden werden bereits vergrößert durch den vom Menschen verursachten Anstieg des Meeresspiegels und die Verstärkung der mit den Stürmen verbundenen Niederschläge. Eine Reihe von beobachteten Dürren mit schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit wurden teilweise auf die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. zurückgeführt.
Nochmal: All dies geschieht bereits heute, und zwar bei einer Erwärmung von nur 1,1 °C – was deutlich zeigt, dass wir den weiteren Temperaturanstieg dringend begrenzen müssen. Es geht hier nicht um Umweltprobleme, es geht um unsere eigene Sicherheit.“
Hierzu auch Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Professor an der Universität Potsdam:
„Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen schnell zu, sie treffen uns früher als erwartet, und sie betreffen mehr Menschen. Bereits eine Erwärmung von 1,5°C wird die Lebensgrundlage von Milliarden von Menschen gefährden, durch Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürren, den Anstieg des Meeresspiegels. Dabei ist wichtig zu erkennen, dass es bei den Klimaauswirkungen nicht nur um die Temperatur geht, sondern auch um die Gesundheit der natürlichen Ökosysteme, welche die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel bestimmen. Und: Wenn Ernährungsunsicherheit, Wasserknappheit und unerträgliche Hitze auf verletzliche Gesellschaften treffen, können sie zu sozialer Instabilität beitragen, die zu einer steigenden Zahl von Vertriebenen, zu Migration und Konflikten führt.
Die Lösung der Klimakrise muss hier und jetzt erfolgen und ist unsere globale Priorität für eine sichere und gerechte Zukunft der Menschen auf der Erde. Darüber hinaus zeigt der IPCC-Bericht, dass es keine sichere Landung unter 2°C globalem Temperaturanstieg gibt, wenn wir nicht an allen planetarischen Grenzen handeln. Und zwar handeln, indem wir die Widerstandsfähigkeit der Biosphäre – Land, Wasser, Pflanzen und Tiere – sichern. Sie ist unser Lebenserhaltungssystem und unser Puffer für Klimaschocks. Wenn wir versagen, riskieren wir nicht nur massive Klimaauswirkungen, sondern lösen womöglich auch Folgen-Kaskaden aus. Kaskaden, bei denen der Zusammenbruch von Ökosystemen die Erwärmung verstärkt und zu noch größerer sozialer Instabilität führt.
Der IPCC-Bericht zeigt sehr klar: Die Zeit zum Handeln ist gekommen.“
Weblink zum IPCC-Bericht der Arbeitsgruppe 2: https://www.de-ipcc.de/354.php
siehe auch meinen früheren Blog-Beitrag: https://joachimfunke.de/2021/08/11/weltklimarat-veroffentlicht-6-report/
Nachtrag 4.4.2022: Am 4.4.2022 wurde der dritte Teil der ersten umfassenden internationalen wissenschaftlichen Bewertung der Risiken des Klimawandels und der Reaktionen darauf seit 2014 veröffentlicht. Der Bericht stammt vom „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC). Dieses größtenteils ehrenamtlich tätige wissenschaftliche Gremium wurde 1988, dem Jahr, in dem die globale Erwärmung in die Schlagzeilen geriet, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gegründet, um die Staaten der Welt regelmäßig über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel zu beraten, die Auswirkungen auf Menschen und Ökosysteme zu bewerten und Optionen zur Verringerung der Anfälligkeit und zur Verlangsamung der Erwärmung zu erarbeiten.
Der erste Teil – der im letzten Sommer veröffentlicht und von den Vereinten Nationen als „Code Red“-Warnung bezeichnet wurde – war eine Aktualisierung der Erkenntnisse über die vom Menschen verursachte globale Erwärmung. Im zweiten Teil wurden die zunehmenden Auswirkungen der Erwärmung und der Veränderungen an den Küsten sowie Maßnahmen zur Verringerung der Anfälligkeit dargestellt.
Der neue Bericht der „Arbeitsgruppe Drei“ befasst sich mit den Möglichkeiten zur Verlangsamung der Erwärmung und zur Stabilisierung der Menge der wärmespeichernden Gase in der Atmosphäre durch Emissionsreduzierung oder Absorption. Nach zwei Wochen zermürbenden Wort-für-Wort-Zoom-Rangelns zwischen Dutzenden von Klimaexperten und Diplomaten aus den meisten Ländern der Welt wurde die Zusammenfassung des Berichts für politische Entscheidungsträger endlich angenommen.
Der Weltklimarat fordert: Die Zeit zu handeln ist jetzt! Seitdem das Pariser Klimaabkommen 2015 verabschiedet wurde, hat sich die Erde um weitere 0,2°C erwärmt. Lediglich 0,3°C trennen uns jetzt noch von der 1,5-Grad-Grenze, jenem Maß der Erderhitzung, den die Weltgemeinschaft als gerade noch tolerierbar eingestuft hat. Der neue Report des Weltklimarats IPCC zeigt allerdings: Die bisher ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen setzten die Welt auf einen Pfad, der zu einer Erderhitzung von 3,2°C führen wird. Eine solche dramatische Klimaveränderung würde verheerende Folgen für die Menschheit und Natur haben.
Um das noch zu verhindern, müssen jetzt weitreichende Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden. Zurzeit steigen die globalen Treibhausgas-Emissionen stetig, dieser Trend muss in den kommenden drei Jahren umgekehrt werden, sodass spätestens nach 2025 die Emissionen sinken. Damit das gelingen kann, müssen jetzt alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um aus der Nutzung aller fossilen Energien auszusteigen und unsere Lebens- und Wirtschaftsweisen auf Klimaneutralität auszurichten. Die Energieerzeugung muss zukünftig vollständig auf erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind basieren. Industrielle Prozesse müssen umgebaut werden, um effizienter mit Rohstoffen und Energie umzugehen. Und unsere Fortbewegung muss sich weg vom Auto, hin zu Fahrrädern, öffentlichem und elektrischem Verkehr wandeln. Auch die Ernährungsumstellung ist nötig.
Weblink zum IPCC-Bericht der Arbeitsgruppe 3: https://www.de-ipcc.de/355.php