Ein wichtiges Merkmal von Wissenschaft ist Perspektivenvielfalt. Diese zeigt sich dann besonders deutlich, wenn aus Sicht verschiedener Disziplinen auf ein-und-dasselbe Konzept geblickt wird. Dies ist gerade geschehen mit dem Begriff der Entscheidung. Zehn verschiedene Perspektiven wurden zunächst in jeweiligen „Ausgangspositionierungen“ vorgestellt, die dann nach wechselseitiger Kenntnisnahme in mehrmonatigen Runden zu „Erweiterten Positionierungen“ und schließlich zu „Fortführenden Abschlüssen“ führten. Der ganze Prozess wurde initiiert und vorangetrieben durch eine engagierte Herausgeberin, Bettina Blanck, die zur Redaktion der Zeitschrift itdb („Inter- und transdisziplinäre Bildung“) gehört. Danke dafür!
In der Einleitung zu diesem umfangreichen Dokument heisst es: „Dieses Forschungsforum mit einer Expert*innendiskussion zur Begriffsklärung von «Entscheidung» ist der Auftakt einer Reihe, in der es um Begriffsklärungen in Wissenschaft und Bildung gehen soll. «Entscheidung» ist ein alltäglicher Ausdruck und Grundterminus verschiedener Wissenschaften (z. B. Geschichtswissenschaft, Ökonomie, Pädagogik, Philosophie, Psychologie, Rechtswissenschaften, Soziologie). Es gibt sowohl disziplinär als auch inter- und transdisziplinär unterschiedliche (kontroverse) Bestimmungen. In diesem Forum sollen 10 Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen zunächst in einer Ausgangspositionierung Grundlagen und Fragen ihrer jeweiligen Verständnisse (disziplinär, inter- oder transdisziplinär) von «Entscheidung» möglichst an einem Beispiel kurz erläutern und ggf. von verwandten Termini abgrenzen. Außerdem sollen sie ggf. Stellung zur Relevanz von Entscheidungskompetenzen als einem Bildungsziel nehmen und Vorschläge für eine Begriffsarbeit in einem inter- und transdisziplinär orientierten Unterricht machen.“
Alena Bleicher (Soziologie), Sascha Benjamin Fink (Philosophie), Joachim Funke (Psychologie), Elisabeth Göbel (Betriebswirtschaft), André Johannes Krischer (Geschichte), Albert Martin (Betriebswirtschaft), Birger P. Priddat (Wirtschaft & Philosophie), Walter Reese-Schäfer (Politikwissenschaft), Viktoria Rieber (Pädagogik) und Thomas Saretzki (Politikwissenschaft) behandeln das Thema jeweils disziplinär. Damit wird eine interdisziplinäre Diskussion möglich, die den Begriffshorizont erweitert.
In Anlehnung an Poppers Diktum „All life is problem solving“ beginnt mein eigener Beitrag so: „Leben heisst Entscheiden. Alle lebendigen Organismen (Menschen, Tiere, Pflanzen) müssen zwischen verschiedenen Möglichkeiten weiterer Entwicklung wählen.“ Es folgen Ausführungen zur Bewusstheit, zum Unterschied von Entscheiden und Entscheidung, zur Komplexität zur Fehlerbehaftetheit, zur Rolle von Persönlichkeit, zur Unterscheidung von Individuellem und kollektivn Entscheiden sowie zu Entscheidungs-Pathologien.
Es hat Spass gemacht, an diesem fast einjährigen Prozess teilzunehmen! Ein interessantes Format!
Quelle: Bleicher , A., Fink, S. B., Funke, J., Göbel, E. ., Krischer, A. J., Martin, A. ., Priddat, B. P., Reese-Schäfer, W., Rieber , V., & Saretzki , T. (2021). Forschungsforum «Begriffsklärungen in Wissenschaft und Bildung: Entscheidung». Inter- und transdisziplinäre Bildung, 3(1), 1-85. Abgerufen von https://www.itdb.ch/index.php/itdb/article/view/44 (open access)