Von einer aufmerksamen Studentin wurde ich angefragt, ob die Taschenbuchausgabe meines 2003 erschienenen Buchs „Problemlösendes Denken“ im Angebot von Amazon am 14.9.2018 mit einem Preis von 2.263,20 € nicht etwas überteuert erscheine (zumal es sich nicht um die sehr seltene Liebhaber-Ausgabe mit Goldrand zu handeln scheint):
Ja, liebe Leonie, das mag auf den ersten Blick überteuert aussehen, aber mit etwas Nachdenken wurde mir klar: Amazon rechnet mit weiteren Erfolgen meinerseits (das setzt mich unter Druck!) und weiss in seiner Allwissenheit schon jetzt, dass die wenigen verkauften Exemplare meines Lehrbuchs einmal als Liebhaberstücke in bibliophilen Sammlungen verschwinden und dann noch viel teuer werden. Ein Grund dafür, dass nur noch wenige Exemplare überhaupt zu finden sind (und daher der Preis in die Höhe schnellt), sind natürlich die vielen Exemplare, die Studierende gekauft und dann in ihrer Verzweiflung nach dessen Lektüre zerrissen und vernichtet haben.
Tut mir leid, aber die „unsichtbare Hand des Marktes“ (wer hat’s erfunden: Adam Smith) und der Zauber von Angebot und Nachfrage führen hier zu Phänomenen, die auf den ersten Blick erstaunlich sein mögen, auf den zweiten Blick aber die Wahrheit ökonomischer Prinzipien (an denen ich schon mehrfach gezweifelt hatte) unter Beweis zu stellen scheinen (wenn es sich nicht einfach nur um den Tippfehler einer schlecht bezahlten Amazon-Aushilfskraft handelt). Es könnte natürlich auch sein, dass Kindle sämtliche Print-Ausgaben aufgekauft hat und damit den Preis in die Höhe treibt, um sein eBook zum Preis von „nur“ 21,99 € wie ein Schnäppchen erscheinen zu lassen…
Und wer die von Amazon geforderte Summe Geld nicht aufbringen kann, keinen Kindle-Reader besitzt und dennoch im alten Schinken lesen möchte, komme in meinem Büro vorbei. Es gibt beim Autor deutlich preiswertere Lösungen…
Nachtrag 14.9.18: Ein treuer Leser meines Blogs (Jochen M., der in meiner Heimatstadt lehrt) schreibt (Beginn Zitat): „… dass hier jemand (unabsichtlich?) den hidden maximum price offenbart hat, den er in seinem Repricing-Tool für den Fall voreingestellt hat, dass der Preisvergleich die Nichtlieferbarkeit des Buchs bei den anderen automatisch mitabgefragten Anbietern ergibt; denn dann ist es rational, für das einzige verbliebene Exemplar Mondpreise zu verlangen. Diese Tools sind für Händler ja attraktiv (https://en.wikipedia.org/wiki/Dynamic_pricing; https://etailment.de/news/stories/Repricing—was-Marktplatz-Haendler-darueber-wissen-muessen-4174), aber für Verbraucher eher nicht… (https://en.wikipedia.org/wiki/Price_discrimination). Interessant könnte sein zu schauen, was mit dem Preis auf Amazon passiert, wenn jemand ein zweites Exemplar auf Ebay oder im ZVAB einstellt (die das Buch beide gerade nicht im Angebot haben).“ (Ende Zitat) JM verweist auch darauf, dass Apple-Kunden teurere Angebote erhalten als Windows-Nutzer (siehe z.B. hier).
Und noch was: Der Gebrauchtbücher-Aufkäufer Momox bietet selbst für Bücher, die ich als wahre Schätze ansehe, häufig nur 0.15€ zum Ankauf an. Beim „Problemlösenden Denken“ liegt das Angebot derzeit immerhin bei 8.50€!