29. Heidelberger Symposium „verANTWORTEN“

Vom 11.-13.5.2017 fand in den Räumen der Neuen Universität und im Zelt auf dem Universitätsplatz das 29. Heidelberger Symposium „verANTWORTEN“ unter der Schirmherrschaft von MP Winfried Kretschmann statt. Das Besondere an diesem Symposium: es wird von A bis Z von Studierenden selbst organisiert! Im Hintergrund stehen die seit 1988 existierende studentische Initiative „Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur“ (HCWK), ein prominent besetztes Kuratorium sowie großzügige Sponsoren.

Christian Wulff in der Neuen Aula

Christian Wulff in der Neuen Aula

Eröffnet wurde das Symposium am Donnerstag morgen mit einem motivierenden Festvortrag von Bundespräsident a.D. Christian Wulff über „Ansichten auf Deutschland und Europa 2017“. In der gut gefüllten Aula der Neuen Universität hielt er eine eindrucksvolle Rede, die zu mehr Beteiligung an politischen Prozessen aufforderte („wer in einer Demokratie einschläft, kann in einer Diktatur aufwachen“) und den Wert von Frieden und Demokratie betonte. Er diagnostizierte vier Ursachen für eine negative Stimmung in Deutschland: Terrorismus, Globalisierung, Digitalisierung und Flüchtlingsströme. Zu allen vier Bereichen trug er differenzierte Argumente zur Begründung seiner Bestandsaufnahme vor. Seine Lösungsvorschläge: Mitarbeit in demokratischen politischen Parteien (die Aula lachte, als er zur Begründung anführte, man käme damit weit – er selbst kam an die Spitze der BRD); Offenheit für Fremdes (mit dem konkreten Vorschlag, die EU möge 3 Mrd Ero bereitstellen für ein kostenloses 6wöchiges Interrail-Ticket, das alle EU-Bürger mit Erreichen des 18. Lebensjahres erhalten sollten, um Europa kennenzulernen) und Vermeidung von Ängsten. Seine Argumente machten nachdenklich und sprühten Optimismus aus. Beim Thema Waffenexporte wich er allerdings den Fragen der Studierenden aus.

Von den 35 Einzelveranstaltungen in diesen drei Tagen konnte ich nur einen Bruchteil verfolgen. Ein paar Beispiele: Thomas Mücke, Mitbegründer und Geschäftsführer des „Violence Prevention Network„, zeigte Wege zur Deradikalisierung und Extremismusprävention auf; Peter Praet, Chefvolkswirt der EZB, berichtete über die Rolle der Europäischen Zentralbank; der Soziologe Louis Klein entwarf die Utopie einer europäischen Republik; Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Bundesjustizministerin, plädierte für eine vernünftige Mischung aus Freiheit und Verantwortung im Internet; Hansjörg Geiger, ehemaliger Präsident des Bundesnachrichtendienstes, erlaubte Einblicke in den Dschungel der Nachrichtendienste; Paul Kirchhof, ehemaliger Bundesverfassungsrichter, machte das Spannungsverhältnis zwischen Gesetzgebern und Verfassungsrichtern deutlich.

Es bleibt insgesamt ein ausserordentlich positiver Eindruck zurück: viele Anregungen, die hoffentlich auch bei anderen Zuhörerinnen und Zuhörern etwas in Bewegung gesetzt haben. Ganz im Sinn der Veranstalter: Antworten auf drängende Fragen suchen und Verantwortung übernehmen, aktives Mitgestalten anstatt manipuliert zu werden. War das postmodern? Ist mir egal – Hauptsache, das Programm der Aufklärung wird fortgeführt und die Menschen zum eigenen Denken gebracht!

Was mich mit Stolz erfüllt: Im 30köpfigen, interdisziplinär gemischten studentischen Vorbereitungsteam sind 7 Psychologie-Studentinnen (5x Hauptfach, 2x Nebenfach) vertreten! Nicola Dilchert, Henrieke Freier, Maya Kasper (NF), Larissa Kunoff, Lisa Makowski, Mirai Neumann (NF) und Annika Reicherter haben seit rund einem Jahr ehrenamtlich an der Vorbereitung dieser aufwändigen Veranstaltung mitgearbeitet. Ausserdem sind zahlreiche Psychologie-Studierende als Helfer unterwegs und ich habe eine Reihe unserer Studierenden unter den Zuhörern gesehen. Über dieses Engagement unserer Studierenden freue ich mich insofern ganz besonders, als man den Psychologie-Studierenden nachsagt, dass ihre hohe Qualifikation (extrem strenger NC) und ihre starke Leistungsorientierung im Bologna-System zu einer einseitigen Fokussierung auf enge Studieninhalte führe. Zumindest die jetzt aktiven Personen demonstrieren, dass sie über den Tellerrand unserer Fachgrenzen hinausschauen und Dinge in Bewegung setzen! Gut im Studium zu sein und sich politisch verhalten ist kein Widerspruch, sondern in Einklang zu bringen! In Analogie zur Work-Life-Balance könnte man von einer Study-Policy-Balance reden.

Verwundert war ich ein wenig über die geringe Teilnahme von Mitgliedern unserer Universität aus anderen Statusgruppen. Professorinnen und Professoren habe ich fast keine gesehen, auch die Beteiligung des akademischen Mittelbaus fiel mir nicht besonders auf. Schade! Da haben sich Studierende viel Mühe gemacht und ein tolles Programm auf die Beine gestellt! Gut, dass so viele Mitstudierende das honorieren und aktiv teilnehmen!

Der Rektor der Universität Heidelberg, Bernhard Eitel, beschrieb einmal die Aktivität des HCWK und dessen Anspruch nach Interdisziplinarität als „Vorläufer der Exzellenzinitiative“. Das Heidelberger Symposium wurde mit einer „intellektuelle Festtafel“ verglichen, an der sich Gleichgesinnte austauschen und bereichern könnten. Eine schöne Metapher! Und für mich erfreulich: es waren keineswegs nur Gleichgesinnte unterwegs!

Die Konzeption und Organisation des Symposiums liegt seit nunmehr fast 30 Jahren in den Händen der wechselnden studentischen Organisatoren, die über die Jahre hinweg qualitativ hochwertige Veranstaltungen zustande gebracht haben. Ich finde das ausserordentlich bemerkenswert! Im Jahr 2014 haben wir von der Gesellschaft der Freunde aus übrigens den HWCK und dessen Symposien mit dem Preis der Freunde ausgezeichnet. Eine gute Entscheidung, die ich nach dem Besuch des diesjährigen Symposiums voll bestätigt finde! Liebe aktive Studierende: Danke für Euren Einsatz! Und viel Erfolg beim nächsten Symposium, auf das ich mich schon freue!

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