Christmann & Göhring (2016): Figurative speech

http://www.nature.com/articles/sdata201698

http://www.nature.com/articles/sdata201698

Es ist von einer Publikation zu berichten, die im Leben eines Wissenschaftlers nicht so oft vorkommt: eine Publikation in der hochangesehenen Zeitschrift „Nature„. Zitat von deren Homepage: „Nature is the world’s most highly cited interdisciplinary science journal, according to the 2013 Journal Citation Reports Science Edition (Thomson Reuters, 2014). Its Impact Factor is 42.3″.

Ursula Christmann und Anne-Louise Göhring ist es jetzt gelungen, in der neuen Sektion „Scientific Data“ von „Nature“ [Nachtrag 5.12.16: diese Sektion, von der „Nature Publishing Group“ herausgegeben, hat bis jetzt noch keinen Impact Factor, siehe hier] einen Beitrag zur figurativen Sprache zu publizieren. Gratulation dazu!

Worum geht es inhaltlich? Christmann und Göhring haben sich eine bekannte Arbeit von Thibodeau und Boroditsky (2011: „Metaphors we think with: The role of metaphor in reasoning.“ PLoS ONE 6, e16782) vorgenommen und deren Befundlage repliziert. Es geht um den Einfluß bildhafter Sprache auf unser Denken. Im konkreten Fall um ansteigende Verbrechen in einer fiktiven Stadt, die in einer Versuchsgruppe als „sich ausbreitender Virus“, in einer anderen Bedingung als „wilde Bestie“ bezeichnet wird. Dieser winzig kleine sprachliche Unterschied führt zu messbaren Unterschieden bei den Vorschlägen, die die Teilnehmenden an diesem Experiment zur Bekämpfung des Anstiegs an Verbrechen vorschlugen: unter beiden Bedingungen (Bestie und Virus) wurden stärkere Reformen gefordert, aber: unter der Bestie-Darstellung hat ein deutlich höherer Anteil sich für die Verstärkung von Schutzmassnahmen ausgesprochen. Hier die Anteile der beiden Massnahmenvorschläge getrennt nach den beiden Metapher-Bedingungen:

Hier die englische Zusammenfassung: „According to the metaphorical framing model, the use of metaphors in discussing an issue influences recipients’ understanding and assessment of that issue. In a recent study, participants read a text referring to a city’s crime problem either as a beast or a virus and then proposed counter-measures for that problem. Participants’ suggestions differed depending on the metaphor they had read. This replication matched the original procedure regarding the content of the rhetorical figures (beast vs virus), the topic under focus (crime) and the measurement of the dependent variable (open-end format to collect participants’ proposals). The procedure differed from the original with respect to language (German instead of English) and by including the formal type of rhetorical figure (metaphor or simile) as a factor. A systematic influence of the content of the figure on subjects’ proposals was observed. Presenting the rhetorical figure as a metaphor or a simile had no effect. Taken together, we were able to replicate the main effect of the original study. Metaphors do indeed frame reasoning.“

Was bedeutet diese Befundlage im politischen Kontext? Wenn etwa die Flüchtlingsproblematik als Flüchtlings“welle“ dargestellt wird, legt man damit subtil die Schutzmassnahme des Dammbaus (=“Zaun“) nahe. Sprachliche Bilder (Metaphern) beeinflussen eben unser Denken und auch unsere Entscheidungen!

Quelle: Christmann, U. & Göhring, A.-L. (2016). A German-language replication study analysing the role of figurative speech in reasoning. Sci. Data 3:160098 doi: 10.1038/sdata.2016.98

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