Seit dem 7.12.2005 existiert dieser Blog, ziemlich genau 10 Jahre, unter dem Titel „ab heute wird gebloggt…“ – Grund zur Rückschau und zur Bewertung. Ein paar Zahlen: In dieser Zeit habe ich 494 Blogeinträge verfasst. Die nüchterne Beschreibung der Serversoftware sagt am 12.11.15: „You have 492 posts, 2 pages, 13 drafts, contained within 28 categories and 619 tags. You have 1,298 total comments, 245 approved, 1,053 spam and 0 awaiting moderation.“ In der Medienbibliothek sind 409 Bilder, 2 Videos und 1 Audiofile gespeichert.
Das Rechenzentrum unserer Universität hat im Jahr 2005 das Angebot zu persönlichen Blogs allen rund 450 Professoren gemacht. Erstaunlicherweise ist mein Blog einer der wenigen (der einzige?), der aktiv betrieben wird 🙂 Allerdings wird die Blog-Software nur minimalistisch gepflegt. Dank an Matthias Melcher vom URZ, der Hilfe bietet!
Das Schreiben für eine weitgehend unbekannte Leserschaft ist dem Wissenschaftler nicht fremd – auch bei den wissenschaftlichen Beiträgen richtet man sich selten gezielt an einzelne Personen, sondern hat eine unbekannte Zahl an Interessenten im Auge, die neugierig auf die Bearbeitung einer bestimmten Fragestellung sind. Das ist beim Bloggen nicht anders. Umso mehr freue ich mich über vereinzelte Rückmeldungen von Freunden, Bekannten und Unbekannten aus der Nähe wie aus der Ferne! Dass mein Blog nicht nur im Heidelberger PI gelesen wird, sondern auch überregional diskutiert wird, ist natürlich toll zu hören!
Was sind die Favoriten aus den letzten 10 Jahren? Zugriffszahlen mögen als Hinweis darauf dienen. Mein Fahrradunfall von 2009 hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, weil es einen Prozess am Heidelberger Amtsgericht gab von einer anderen Person, die an exakt der gleichen Stelle wie ich verunglückte, berufsunfähig wurde und dann die Stadtverwaltung verklagte (es wurden 50 weitere Stürze im Zuge der öffentlichen Berichterstattung bekannt, im Fernsehen gab es sogar einen Bericht dazu). Aber auch mein Bericht über die Nanjing-Reise 2011 hat zahlreiche Aufrufe gefunden, ebenso der Bericht über Ergebnisse der PISA 2012 Problem Solving Erhebung aus dem Jahr 2014 (übrigens einer der wenigen Blog-Beiträge in englischer Sprache). Am linken Rand dieses Blogs sind die Favoriten verzeichnet.
Meine eigenen Favoriten sind z.B. die „5-Uhr Banane“ oder die „Instituts-Pullunder„. Auch die „Psychologie des Grundgesetzes“ von 2009 finde ich wichtig, auch meinen Beitrag zur Reichskristallnacht. In der Debatte um Jens Förster habe ich wiederholt einen Standpunkt bezogen, den nicht alle in der Psychologen-Fachwelt teilen, aber für den ich auch verschiedentlich Zuspruch erhielt. Vorgetragen wird meine persönliche Meinung als Professor Funke, nicht die des Instituts! Der Duden erklärt „Professor“ wie folgt: „öffentlicher Lehrer, eigentlich = jemand, der sich (berufsmäßig und öffentlich zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit) bekennt“. Der Blog als öffentliches Bekenntnis?
Wieviel Zeit kostet bloggen? Immer wieder mal in freien Minuten macht Bloggen sogar Spass! Wie bei wissenschaftlichen Artikeln werden auch Blog-Einträge in den seltensten Fällen am Stück geschrieben. Ich fange mal an, sammle ein paar Aspekte, höre wieder auf und schreibe an anderen Texten weiter. Irgendwann kommt der angefangene Blog-Eintrag wieder an die Oberfläche und wird fortgesetzt, bis eines Tages die Freigabe erfolgt. Es liegen immer mehrere angefangene Blog-Einträge in der Pipeline, so wie das auch bei anderen Manuskripten der Fall ist.
Hat es schlechte Erfahrungen gegeben? Ein „shit storm“ ist mir bisher erspart geblieben, auch anderer Ärger hielt sich in Grenzen – in einem Fall habe ich wichtige Informationen etwas zu früh preisgegeben, wird nicht wieder vorkommen! Insgesamt bemühe ich mich um eine moderate Ausdrucksweise, die niemanden verletzt und auf der sachlichen Ebene bleibt.
Einer der Gründe für das Schreiben ist übrigens die Klärung meines eigenen Standpunktes. Durch den Prozess des Schreibens mit der Abwägung von Pro und Contra bildet sich ein Urteil – in Abwandlung eines bekannten Titels könnte man texten „Über die allmähliche Ausgestaltung eines Standpunkts im Prozess des Schreibens“. Es geht um die Externalisierung innerer Modelle, also in der Sprache von Modellbildnern um ein semantisches Modell der zweiten Stufe.
Werde ich es noch eine Zeitlang fortsetzen? Natürlich! Solange ich meine, meinen Kommentar zu einem bestimmten Thema freimütig äußern zu müssen, werde ich dieses freiheitliche Grundrecht nutzen. Aber natürlich denke ich manchmal darüber nach, an wen ich den Stab übergeben soll, wenn es Zeit zum Schweigen ist… Wer Lust hat, schon mal mit einem Gastbeitrag das Medium auszuprobieren, ist herzlich eingeladen! Ob ich nochmals 10 Jahre schaffe, steht in den Sternen! I will do my best!
siehe auch den Eintrag „5 Jahre Blog“ von 12/2010