Weniger Kultur, weniger Strategie?

In der Rhein-Nackar-Zeitung vom 14.12.13 stand unter dem Titel „Nur die Resultate spielen eine Rolle“ ein Bericht über den seit gut einem Jahr amtierenden Vorstandsvorsitzenden der Heidelberger Druckmaschinen AG, Gerold Linzbach, und dessen unternehmerische Ziele.

Zitat: „Die Kosten hat Gerold Linzbach fest im Blick. Zusammengefasst heisst das: Alles, was nicht unbedingt sein muss, wird nicht mehr gemacht. Fokussierung, Standardisierung, Entschlackung. Ärmel hochkrempeln.“ Und noch eine bemerkenswerte Stelle: „Worte wie ‚Strategie‘ und ‚Kultur‘ möge er nicht, sagt Linzbach. Das, was sich dahinter verberge, behindere den Erfolg.“ Börsenkurs: Ich sehe Dich steigen!

Und auch zum Thema Kommunikation im Unternehmen staune ich als Psychologe über Linzbachs Haltung: „Die langsame Entscheidungsfindung in großen Unternehmen sei ein Problem. Für ihn spielten nur die Resultate eine Rolle, nicht die Analyse. … Die 50 wichtigsten Mitarbeiter wüssten mittlerweile, worauf es ankomme, und das fließe mit der Zeit nach unten durch.“ Ok, warum mit den unwichtigen Mitarbeitern kommunizieren – ist das nicht vertane Zeit? „Stille Post“: Interessantes Führungsmodell, werde ich beobachten!

Warum ich mich überhaupt für so ein Thema interessiere? Nicht nur, weil unser „Field of Focus 4“ aus der Exzellenzinitiative sich ja dezidiert mit „Regulation und Selbstregulation“ beschäftigt (hier reguliert ein Vorstandsvorsitzender einen grossen Konzern), sondern auch deswegen, weil der Vorgänger von Gerold Linzbach im Amt des Vorstandsvorsitzenden, Bernhard Schreier, seit vielen Jahren und auch heute noch „mein“ Vorsitzender im Kreis der Vorstandskollegen der Stiftung Universität wie auch der Gesellschaft der Freunde der Universität ist. Wir haben viele Vorstandssitzungen in der obersten Etage von Heideldruck abgehalten (mein legendärer Radunfall geschah auf der Heimfahrt von einer derartigen Sitzung und bis heute verabschiedet sich Bernhard Schreier nach unseren Sitzungen von mir regelmäßig mit der Nachfrage, ob ich auch meinen Helm dabei hätte :-).

Und natürlich interessiert mich dieses Thema aus der Problemlöse-Perspektive: Wieviel Strategie brauchen wir und welche? Vielleicht müssen wir bei den Chinesen lernen? Deren legendäre 36 Strategeme aus dem 5. Jh. sind ja schon grossartige kulturelle Zeugnisse strategischen Vorgehens! Schade, wenn Unternehmensführer so gar nichts davon halten. Mal sehen, wie nachhaltig die Linzbach’sche Strategie sich bewährt und ob sie wirklich so gemeint war wie berichtet. Denn ein Nachteil der oben genannten Kommunikationsstrategie ist, das es bei „Stiller Post“ schnell Missverständnisse geben kann…

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