Das Internationale Symposium „Wie kommt Neues in die Welt?“ fand vom 17.-20.5.12 im Kongresshaus Stadthalle statt. Über 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben das breit gespannte Programm mit Interesse verfolgt, das von Hans-Rudi Fischer (Heidelberg) und seinem Vorbereitungsteam, dem ich angehörte, organisiert wurde. Die Referentinnen und Referenten kamen aus ganz unterschiedlichen Bereichen wie Psychotherapie, Organisationsberatung, Ökonomie, Politikwissenschaft, Medienwissenschaft, Psychologie, Philosophie, Soziologie, Psychiatrie, der Hirnforschung und der Kunst.
Über das Ei der Konferenz wurde schon in einem früheren Blogbeitrag berichtet (siehe hier) – das Ei wurde am 17.5. vor dem Psychologischen Institut aus seinem Käfig befreit und auf den Händen aller Teilnehmenden in einer langen und beweglichen Schlange in die Stadthalle gerollt. Dort nahm es an der Konferenz teil und wurde weiter bebrütet bis zum Ausschlüpfen. Ein ordentliches Spektakel, über das SPIEGEL-TV separat berichten wird.
Neben zahlreichen Impulsreferaten und Workshops zu verschiedensten Themen gab es auch Morning Lectures, High Noon Lectures, und Tea Time Lectures eingeladener Gäste. Ich habe eine ganze Reihe davon verfolgt und fand sie zum großen Teil anregend, z.B. Thomas Macho (Berlin) über die Beziehung zwischen Kreativität und Zerstörung, Gottlieb Guntern (Brig, Schweiz) über Kreativität und die Zukunft der Systemtherapie, Oskar Negt (Hannover) über Demokratie als Lebensform oder Klaus Mainzer (TU München) zur Dynamik komplexer Systeme. Auch der eigenwillige Beitrag des österreichischen Essayisten Franz Schuh unter dem Titel „Disziplin und Unverfügbarkeit. Über Kreativität und den Versuch, sie in den Griff zu kriegen“ hat mir gut gefallen, lese ich doch zufällig gerade seinen Essay-Band „Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche“ und liebe seinen Wiener Sarkasmus.
Zwei sehr gelobte Vorträge habe ich selbst leider nicht anhören können: den Heidelberger Psychotherapeuten Gunther Schmidt zum Thema „Gestaltung des Neuen aus dem Rohstoff des Bisherigen“ und den Hirnforscher Gerald Hüther (Göttingen) zum Thema „Kreativität und Innovationsgeist – Zur Bedeutung einer supportiven Beziehungskultur“.
Ich selbst habe in der Sektion „Psychologie der Kreativität“ einen Beitrag über die Vorteile des Perspektivenwechsels gehalten, neben Rainer Holm-Hadulla (Heidelberg), der über Kreativität zwischen Schöpfung und Zerstörung sprach und neben Jürgen Kriz (Osnabrück), der Intuition und Kreativität aus systemischer Sicht darstellte. Die von Arist von Schlippe (Witten/Herdecke) moderierte Diskussion unserer Impulsvorträge drehte sich um Themen wie Gender-Probleme (zu wenig kreative Frauen?), den Genie-Verdacht (kann jeder kreativ sein?) oder den Einfluss der Intelligenz (muss man mindestens 120 IQ-Punkte haben, um kreativ zu sein?).
In einer abschließenden Sektion, die ich moderiert habe, ging es um das Thema „Der ver-rückende Blick: Überfälle auf die Welt des Faktischen“. Der Kongreßorganisator Hans-Rudi Fischer sprach über anamorphotische Blicke (schauen Sie mal ins Wikimedia-Stichwort Anamorphose!), der Kölner Professor Hans Ulrich Reck von der Kunsthochschule Köln (empfehlenswert: seine Audiolectures) sprach über die „Tücken des Neuen“ und verwies dabei auf Innovation als Strukturmerkmal von Krisen, und Stefan Raab (Expedere Berlin) weckte Neugier mit seinem Beitrag „Jodelangriffe, trojanische Osterhasen und andere Attacken auf die Wirklichkeit“ auf Aktionskunst.
Insgesamt eine Tagung, die sich nach meinem Dafürhalten gelohnt hat und eine Reihe von Anregungen lieferte – was will man mehr? Ach ja: das Ei ist in 1000 Teile zersplittert und hat neue Ideen hinterlassen!
Siehe auch: http://www.dradio.de/dlf/programmtipp/studiozeit-ks/1765215/