Humanoide Mediatoren

Letzte Woche war ich zu einem zweitägigen Workshop im Papierzentrum Gernsbach, der von der Arbeitsgruppe „Anthropomatik“ und dem SFB 588 „Humanoide Roboter“ am KIT zum (leider gerade abgelehnten) Exzellenzclusterantrag „Humanoide Mediatoren“ abgehalten wurde. Organisiert wurde die Veranstaltung unter der Federführung von Tanja Schultz, die mit ihrem Cognitive Systems Lab eine Reihe von Bezügen zu unseren Arbeiten hat und mit deren Arbeitsgruppe wir kooperieren wollen.

Die Karlsruher Ingenieure leisten im Bereich Sehen, Hören, Bewegen wirklich Beachtliches: Finite Automaten zum Anfassen, soweit das Auge reicht! Der humanoide Roboter ARMAR (von Tamim Asfour) ist sicher eines der Vorzeigeobjekte: Wie er auf Befehl in der Küche Gläser in die Spülmaschine räumt (Greifen mit der Roboter-Hand ohne Zerstörung der Objekte), ist schon klasse, auch wenn das Tempo noch etwas zu wünschen übrig lässt 🙂 Aber auch die Fähigkeit der visuellen Identifikation von Personen und deren Aktivitäten (person tracking, focus of attention, pointing gesture recognition) in der Arbeitsgruppe von Rainer Stiefelhagen ist imposant.

In der Gruppe von Tanja Schultz und ihrem Cognitive Systems Lab geht es um die Nutzung von Biosignalen, z.B. zur Ermittlung des gegenwärtigen „cognitive load“ einer Person. In Abhängigkeit vom gegenwärtigen Zustand sollen etwa in kritischen Fahrersituationen Mitteilungen des Navigationssystems zurückgehalten werden. Kognitive Modellierung hilft, die erfassten Biosignale mit laufenden kognitriven Aktivitäten zu verknüpfen. Phänomenal fand ich auch die Silent Speech Interfaces, mit denen stilles Sprechen erfasst wird: Anstatt sprachliche Äußerungen mit einem Mikrofon aufzunehmen, wird hier mittels EMG die Muskelaktivität beim Sprechen aufgenommen. Das erlaubt Spracherkennung auch unter extremen Bedingungen.

Ach ja – was sind denn nun eigentliche humanoide Mediatoren? Hier ein paar Sätze aus dem Clusterantrag:

Humanoide Mediatoren (= anthropomatische Systeme) kommt eine herausgehobene Bedeutung zu. Als „Vermittler“ zwischen der Maschinenwelt und den Menschen vereinbaren sie menschliche Kommunikationsbedürfnisse mit technologischen Möglichkeiten. … Mediatoren können humanoide Roboter sein, die sich durch menschenähnliches Aussehen und Handeln mühelos in das soziale Umfeld des Menschen einfügen und zur natürlichen Interaktion ermutigen. … Humanoide Mediatoren überbrücken räumliche und zeitliche Distanzen, ermöglichen die Beherrschung der Sprachenvielfalt, berücksichtigen kulturelle Aspekte und stärken oder erweitern die individuelle Kommunikationsfähigkeit.

Dass so eine Vision nicht innerhalb von wenigen Jahren zu Lösungen führt, dürfte selbstverständlich sein. Dass eine menschenorientierte Technik in vielen Bereichen menschlichen Lebens zu Verbesserungen beitragen dürfte, scheint mir naheliegend. Dass der Umgang mit komplexen Situationen (und nicht nur mit artifiziell reduzierten Anforderungen) dabei eine wichtige Rolle spielt, ist ebenfalls klar. Solange wir nicht verstehen, wie Menschen komplexe Probleme lösen, können wir auch nicht erwarten, dass Roboter dies für uns erledigen.

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