Mit der am Samstag in der Alten Aula abgehaltenen Jahresfeier der Universität wurde das Jubiläumsjahr eröffnet: Die päpstliche Bulle der Gründung der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg wurde von Papst Urban VI. in Genua am 23. Oktober 1385 unterschrieben – na gut, dann ist verständlich, warum wir eine Grussbotschaft vom päpstlichen Nuntius bekommen haben 🙂
Von nun an bis zum Beginn des nächsten Wintersemesters wird gefeiert – und die Auftaktveranstaltung war schon nicht schlecht! Vertreterinnen und Vertreter (in Form von Präsidenten und Rektoren) zahlreicher Partneruniversitäten (Eötvös-Loránd-Universität Budapest, Semmelweis-Universität Budapest, Jagiellonen-Universität Krakau, Universitäten Montpellier, Fremdsprachenuniversität Peking, Karls-Universität Prag, Universität St. Petersburg, Nankai Universität Tianjin, Huazhong Universität für Wissenschaft und Technologie Wuhan) hielten Einzug in die bis auf den letzten Platz belegte Alte Aula der Universität; der Uni-Chor hat die Universitätshymne gesungen; Rektor Bernhard Eitel hat eine gute Eröffnungsrede gehalten, in der er nochmals das Konzept der Volluniversität als eine seiner Maximen und auch die Bedeutung forschungsorientierter Lehre herausgestellt hat. Gefreut hat mich auch, dass er die Bedeutung von Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie herausgestellt hat, die in einigen Fächern durch die Modularisierung leider weggefallen sind (nicht so im BSc Psychologie!) – hier soll nachgebessert werden.
Und auch die Bedeutung der Komplexität unserer Welt hat Rektor Eitel betont: „Je mehr die Erde dem Menschen untertan wird, desto größer wird die Notwendigkeit zur mündigen Selbstverantwortung der Wissenschaft. Wir leben im Raumschiff Erde und haben eine erste Ahnung vom Maschinenraum und dem Cockpit gewonnen. Immer mehr Menschen fliegen mit und belasten die mitgeführten Vorräte. Immer komplexer wird das Zusammenleben, werden die Regeln, immer intensiver die komplexen Wechselwirkungen.“
Dass die Universität unterfinanziert ist (weniger als die Hälfte ihrer Ausgaben stammen aus den Landeszuschüssen!), steht ausser Frage – umso mehr ist den Freunden, Förderern und Stiftern zu danken, die unsere Uni wohlwollend unterstützen. Nur so ist der Wettbewerb um einen weltweiten Spitzenplatz zu bestehen.
Paul Kirchhoff, der für den verhinderten Wissenschaftsminister Frankenberg einsprang, hat in seiner kurzen Rede drei bemerkenswerte Punkte gemacht: (1) Die durch das Konzept der Volluniversität gegebene Spannung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften muss erhalten bleiben – die Fortschritte in den empirischen Wissenschaften können nicht aufgehalten werden, müssen aber kommentiert und in historische Kontexte und Wertsysteme eingeordnet werden. (2) Die grundgesetzlich garantierte Wissenschaftsfreiheit ist mit einer Verpflichtung verbunden: Probleme der Gesellschaft müssen benannt und Lösungen dafür gesucht werden. Freiheit ist – so seine Formulierung – die riskanteste, aber auch die schönste Lebensform. (3) Die Universität gibt der Gesellschaft Wissen weiter – Wissen wandert! In Köpfe, in Patente, in Bücher und Artikel. Kirchhoff wies darauf hin, dass auch die unzählbaren Teile der Wirklichkeit (das, was mann nicht messen oder zählen kann) bedeutungsvoll seien – und dass er angesichts der vielen Perspektiven, unter denen ein und derselbe Gegenstand von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen gesehen werden könne, ein fundamentales Gefühl volluniversitärer Bescheidenheit erfahre – auch das eine schöne Formulierung!
Bei allem Respekt vor den Feierlichkeiten: Das Fehlen der Studierenden war nicht zu übersehen! Weder waren Studierende in nennenswerter Zahl im Saal vertreten (vom Uni-Chor mal abgesehen), noch gab es eine Rede der Studierenden. Gut – im letzten Jahr war diese Rede nicht besonders gut gelungen, aber ganz auf Studierende verzichten? Im Laufe der Feierlichkeiten – die eigentliche Festwoche wird am 25.6.2011 beginnen – werden sie sicher stärker eingebunden als es auf der Auftaktveranstaltung der Fall war.
[hier die offizielle Pressemitteilung zur Auftaktfeier]