Diese Woche steht ganz im Zeichen des Bildungsstreiks – streiken für Bildung? Wie soll das gehen? Im wesentlichen geht es darum, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die chronische Unterfinanzierung unseres Bildungssystems und die zunehmende Fremdsteuerung zu lenken. Und natürlich ist damit nicht nur ein Konjunkturprogramm zur Verbesserung universitärer Bausubstanz gemeint (unser Übungsraum E musste wg. Deckeneinsturz gerade für mehrere Monate geschlossen werden, Deckeneinstürze im 1. Stock hatten wir auch schon – Frau Kane weiss ein Lied davon zu singen), sondern gemeint sind fehlende Investitionen in kluge Köpfe, d.h. Personal an Hochschulen.
Die Fachschaftskonferenz schreibt in einer Rundmail vom 15.6.09 um 3:24: „Veränderungen lassen sich nicht in einer Woche ausgestalten, aber einen Anfang wollen wir machen. Ziel des Bildungsstreiks ist es, Veränderungen im Bildungsbereich herbeizuführen und Möglichkeiten einer emanzipatorischen Bildungs- und Gesellschaftspolitik aufzuzeigen. Diese Diskussion ist auch an der Universität Heidelberg in der letzten Zeit zu kurz gekommen“.
Tatsächlich haben wir in den letzten Tagen intensive Diskussionen geführt – in umfunktionierten Lehrveranstaltungen wie auch in speziellen themenbezogenen Veranstaltungen oder der Gastvorlesung von Morus Markard. Letztere hat mich persönlich etwas enttäuscht, weil sie eigentlich nichts Neues enthielt gegenüber Klaus Holzkamps Thesen, die unsere Studierenden bereits in meiner Erkenntnistheorie-Vorlesung gehört haben. Darüberhinaus blieb auch manches seiner Äußerungen nebulös. Die themenbezogene Veranstaltung zur Studierendenauswahl wurde vom Regenbogenteam Sandra Bögelein, Anna Georg und Alena Mehlau toll vorbereitet, fand aber leider nur wenig Resonanz (immerhin 2 Professoren neben 5 Studierenden!). Die Veranstaltung zur Reform des BSc-Studiengangs Psychologie war gut besucht – die Professores Christmann, Hagemann, Spinath und ich haben konstruktive Anregungen erhalten, die sicher Folgen haben werden.
Was mir gut gefällt: Der gewaltfreie Streik führt zu einer höheren Identifikation mit unserem Fach und mit unserem Institut – wer streikt, zeigt damit auch, dass ihm die Sache viel bedeutet und nicht belanglos ist. Zudem zeigt sich in der Solidarität der Studierenden auch etwas mehr von der Gemeinschaft, die vorher weniger gut sichtbar war. Wer mitstreikt, gehört dazu. Das Gefühl wirksam zu werden wird durch die Gruppe verstärkt. Kognition und Emotion wirken hier zusammen und *be*wirken Motivation zur Veränderung. Die Erfahrung als Masse auf der Demonstration lässt den einzelnen darüberhinaus stärker erscheinen als man sonst ist, die mediale Verstärkung tut ein übriges.
Apropos: Hier (zusammengeschnitten) der ARD-Nachtmagazin-Beitrag mit Bildern von unserem Institut und einem kurzen Interview mit Dirk Hagemann: tv-nachtmagain16062009h264
Nachtrag: Am Samstag 20.6.09 wurde das von den Studierenden friedlich besetzte Rektorat von Polizisten geräumt. Bilder der Aktion: http://www.lvz-online.de/slideshow/content/090620_heidelberg.html
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