Was bei uns in den internen Diskussionen bereits für Zündstoff sorgte, war kürzlich auch Thema in der Fakultätssitzung: Wie sollen wir es mit der Anrechnung von Leistungspunkten („credit points“) halten? Im Bologna-Prozess ist der LP die festgelegte „Währung“: 1 LP = 30 Arbeitsstunden, 1 Semester = 30 LP, 1 Bachelor = 180 LP, 1 Master = 120 LP. Soweit so gut.
Bei der Umsetzung treten allerdings konkrete Fragen auf wie z.B.: Wie soll die Teilnahme in einem zweistündigen Seminar honoriert werden? 15 Sitzungen (demnächst hat 1 Semester winters wie sommers 15 Veranstaltungswochen) zu 90 Minuten machen gerade mal 1 LP, dann kann man noch 1 LP für Vor- und Nachbereitung geben, ausserdem 1-2 LP für zusätzliche Prüfungsleistungen. Je weniger LP für eine Veranstaltung gegeben werden, umso mehr muss ein Studi belegen.
Natürlich sollte die Währung der LP auch zwischen Fächern (wie auch zwischen Orten) vergleichbar sein. Da wirkt es dann merkwürdig, wenn für ein 2st-Seminar in der Ethnologie 7 LP vergeben werden, in der Psychologie dafür aber nur 2-4 LP. Der kritische Punkt: Wie sehr will (und kann) man die Leistung kontrollieren? Heimarbeit in Form zusätzlicher Lektüre kann natürlich nicht überprüft werden, könnte aber Stunden bedeuten. Präsenz- bzw. Kontaktzeiten sind personalintensiv und damit kapazitativ aufwändig – all das muss berücksichtigt werden. Nicht einfach!
Und wie man sich leicht ausrechnen kann: Wenn 30 LP pro Semester erworben werden müssen, 1 LP mit 30 Stunden eine 3/4-Arbeitswoche bedeutet, sind 30 LP = 30 3/4-Arbeitswochen, 1 Jahr also 60 LP = 60 3/4-Arbeitswochen – Moment mal: hat ein Jahr überhaupt so viele Wochen? Das hier konzipierte Vollzeitstudium wird wohl demnächst Manager-Fähigkeiten von den Studierenden erwarten, wenn sie denn noch ein bisschen Zeit für Urlaub oder andere Aktivitäten brauchen. Aber warum sollte es den Studierenden besser gehen als normalen Arbeitnehmern? Der einzige Unterschied: der Arbeitnehmer kassiert, der Studierende bezahlt. Bildung ist ein teures Gut!
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